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Bildung: Eltern sind mit zugewiesenen Schulplätzen unzufrieden

Viele Familien sind nicht mit den Oberschulplätzen einverstanden, die ihnen zugewiesen wurden. Zum neuen Schuljahr gibt es mehr Klagen und Tricksereien beim Wohnort als jemals zuvor.

Die Sommerferien sind für rund tausend Eltern und Schüler eher Zitterpartie als Erholung: Mehr Familien denn je wollen sich nicht mit den Oberschulplätzen zufriedengeben, die ihnen die Bezirke zugewiesen haben. Pro Schulamt liegen inzwischen bis zu 200 Widersprüche vor. In mehr als 70 Fällen berlinweit wurde bereits Klage eingereicht. Einige Eltern schrecken nicht davor zurück, Familien anzuschwärzen, die ihren Kindern mithilfe falscher Adressen einen Schulplatz verschafft haben.

„Das Geschäft ist härter geworden“, sagt Dieter Hapel. Der CDU-Bildungsstadtrat von Tempelhof-Schöneberg verzeichnet eine „deutliche Steigerung“ der Widersprüche. Viele Eltern hätten zudem Namenslisten abgegeben, bei denen „Scheinanmeldungen vermutet werden“. Nie zuvor hätten so viele Rechtsanwälte Akteneinsicht genommen. Die Abschaffung der Realschulen hat viele Eltern verunsichert, mit einer Zunahme von Widersprüchen und Klagen war deshalb gerechnet worden. Danach stiegen die Anmeldezahlen an den Gymnasien und an den angesehenen Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe. Zum Teil gab es bis zu dreimal mehr Anmeldungen als Plätze. Dies galt besonders für die Sophie-Scholl-, Gustav-Heinemann-, Carl-Zeiss- und Martin-Buber-Gesamtschule.

Zwar gab es für ganz Berlin genug Gymnasialplätze und sogar rund 2000 freie Sekundarschulplätze – allerdings nicht immer dort, wo die Eltern dies wünschten. Sehr knapp waren die Kapazitäten auch in Charlottenburg-Wilmersdorf. Folge: Besonders viele Siebtklässler kamen nicht an ihrer Wunschschule unter. Bislang gebe es im Bezirk 181 Widersprüche, sagt Bildungsstadtrat Reinhard Naumann (SPD). Vergangenes Jahr waren es noch 109. Einzelne Eltern hätten – wie in Tempelhof-Schöneberg – auf Scheinanmeldungen hingewiesen. Dabei melden sich Eltern bei Wohnadressen von Freunden oder Bekannten an.

Geringer fiel die Zunahme der Widersprüche in Neukölln aus. Hier ging es, wie gewohnt, um das beliebte Albert-Einstein-Gymnasium und die gefragte Fritz-Karsen-Gemeinschaftsschule, berichtet Bildungsstadtrat Wolfgang Schimmang (SPD). Wie viele Eltern nach Ablehnung des Widerspruchs vor dem Verwaltungsgericht klagen werden, ist noch nicht absehbar. Die Eltern haben für diesen Schritt vier Wochen Zeit.

Wenig hat sich für Steglitz-Zehlendorf verändert: 91 Klagen im vergangenen Jahr stehen 98 in diesem Jahr gegenüber. In Friedrichshain-Kreuzberg dagegen schlagen die Wellen vor allem wegen des Leibniz-Gymnasiums hoch: 44 Eltern haben Widerspruch gegen die Ablehnung eingelegt, nur in vier Fällen konnte geholfen werden, teilt das Schulamt mit. Die Leibniz-Schule ist so nachgefragt, dass – gemäß dem Schulgesetz – die knappen Plätze auf Grundlage der BVG-Verbindung zwischen Wohnort und Schule vergeben werden mussten. Sie entscheidet letztlich darüber, wer genommen wird, wenn es zu viele Anmeldungen geeigneter Schüler gibt. Schon früh hatten Eltern vermutet, es müssten jede Menge Scheinanmeldungen vorliegen, denn plötzlich gab es offenbar extrem viele Kinder im unmittelbaren Umfeld der Schule. Einige Eltern reagierten allerdings empört auf den Rat des Schulamtes, Verdachtsfälle zu melden. Sie würden zur „Denunziation“ aufgefordert, beklagten Kreuzberger Familien, während ihre Leidensgenossen in Tempelhof-Schöneberg längst entsprechende Namenslisten in ihrem Rathaus abgegeben hatten.

Wie die Klagen letztlich ausgehen werden, ist nicht absehbar. Da viele beliebte Schulen aber bereits alle Kapazitäten ausgeschöpft haben, kann das Gericht kaum noch weitere Kinder zuweisen.

Er sei erleichtert darüber, dass dieses Jahr letztmalig die BVG-Verbindung den Ausschlag dafür gibt, ob ein Schüler angenommen wird, sagt Bildungsstadtrat Reinhard Naumann. Mitunter habe eine Minute mehr oder weniger schon dazu geführt, dass Kinder abgewiesen worden seien. Ab 2011 werden die Schulen zwei Drittel der Kinder selbst aussuchen, der Rest geht über ein Losverfahren, wenn es mehr Anmeldungen als Plätze gibt.

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