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Bimmmm, Bimmmm, Bimmmm ... das alte Glockenspiel ertönt wieder.

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Update

Bimm, Bimm, Bimm: Die Glocke der Berliner Gedächtniskirche erklingt wieder

Um 12 Uhr war es soweit, da ertönte das Glockenspiel der Gedächtniskirche in der City West. Zum Gottesdienst kamen 750 Gäste. „Ein schöner Moment“, sagte Pfarrer Martin Germer. Und Wowereit zog einen Vergleich zum BER.

Gespannt blicken die Menschen nach oben. Wenige Sekunden noch, dann ist es soweit. Der Posaunenchor hat aufgehört zu spielen, auf dem Breitscheidplatz breitet sich eine ungewohnte Stille aus. Da! „Bimm – Bimm – Bimm“ Die altvertrauten Töne, die zwischen Tauentzienstraße und Kudamm seit mehr als zwei Jahren vermisst wurden, sind wieder zu hören. Das Glockenspiel im alten Turm der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche hat wieder zu schlagen begonnen. Es ist zwölf Uhr mittags an diesem Sonntag in Berlin.

„Das ist ein schöner Moment“, sagt Pfarrer Martin Germer. Seit 2007 bekannt wurde, dass die Fugen am Turm marode waren, und Steine zu bröckeln anfingen, sammelte der Theologe Spenden, und verkaufte Fugenpatenschaften. 1,2 Millionen Euro sind am Ende zusammengekommen, dazu eine Million Euro vom Land Berlin, eine Million von der Lotto-Stiftung und eine Million vom Bund. Mit einem großen Festgottesdienst feierte die Gemeinde am Sonntag deswegen den ersten Glockenschlag. 750 Gäste waren da, darunter auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD).

Und in seiner mit Applaus bedachten Predigt ließ Germer die Geschichte des 1895 errichteten Gotteshauses Revue passieren. Da war der Pfarrer, der schon vor dem ersten Weltkrieg ein Ende des Wettrüstens forderte, da war die Zeit des Nationalsozialismus, wo auch an der Gedächtniskirche der Streit zwischen hitlertreuen Deutschen Christen und der widerständigen Bekennenden Kirche tobte. Und da war die verhängnisvolle Kriegsnacht von 1943, in der die Turmspitze von einer Bombe zerstört wurde, und der Streit um den Wiederaufbau in der Nachkriegszeit.

„Hier durften und sollten Kriegsspuren sichtbar bleiben“, sagte Germer. Und auch wenn nun in der City-West Hochhäuser geplant sind, die weit höher werden sollen, als der Turm – die Gedächtniskirche werde auch weiter als „steinerner Zeuge in die Stadt hineinwirken.“

"Auf anderen Baustellen würde man von einem Softopening sprechen"

So sieht das auch der Regierende Bürgermeister, Klaus Wowereit. „Berlin erhält sein Wahrzeichen zurück“, sagte er in einem Grußwort, das selbstverständlich auch einen Querverweis zur Dauerbaustelle BER enthielt: „Auf anderen Baustellen würde man wohl von einem „Softopening“ sprechen“, sagte Wowereit. Denn die Gerüste rund um die Kirche würden ja erst im kommenden Frühjahr wirklich endgültig abgebaut.

„Die Ruine des Kirchturms ist seit der Befreiung von der Nazi-Diktatur ein Denkmal für die Verheerungen des von den Deutschen begonnenen Krieges“, sagte Wowereit. „Sie steht als Mahnung für den Frieden, als Zeichen der Hoffnung und des Wunsches nach Vergebung und Versöhnung.“

Draußen vor der Kirche feierten die Menschen dann den ersten Glockenschlag: In der Gedenkhalle des alten Turms wurden Kuchenstücke in Form eines Ziegelsteins serviert, in der Kapelle gab es natürlich Currywurst und Bouletten mit Kartoffelsalat. Auch Klaus Fischer freute sich daran. 1965 ließ er sich in der Gedächtniskirche trauen, seit über 40 Jahren ist er Mitglied des Gemeindekirchenrats. „Wir haben schon viele Bauprojekte hinter uns“, sagt Fischer. „Aber das war sicher eines der komplexesten.“ Da könne man nur glücklich sein, dass die einst von Prinz Louis-Ferdinand von Preußen komponierte Melodie des Glockenspiels nun wieder am Breitscheidplatz zu hören sei.

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