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Bessere Tage. Auch wenn der Streifen von 2011 kein Höhepunkt der Filmgeschichte ist: Kinofans vermissen die „Kurbel“, an deren Stelle ein Supermarkt entsteht.

© Mang

Biosupermarkt statt Kino: Charlottenburg: Diskussion um Lieferverkehr angekurbelt

Der Baustadtrat will ein Lkw-Chaos am Meyerinckplatz nahe dem Ku'damm verhindern – und sieht sich zu Unrecht vom früheren Kulturstaatsminister Michael Naumann kritisiert.

Der Streit um den Biosupermarkt, der Ende April im ehemaligen Kino „Die Kurbel“ am Meyerinckplatz nahe dem Kurfürstendamm eröffnen will, entzweit SPD und Grüne in Charlottenburg-Wilmersdorf. Die Grünen verlangten in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am Donnerstag, die Genehmigung wegen falscher Angaben zum Lieferverkehr zu widerrufen. Doch Baustadtrat Marc Schulte (SPD) will die Verkehrsprobleme anders lindern – und wird dabei von der SPD-Fraktion unterstützt, die normalerweise gemeinsam mit den Grünen stimmt. Über deren Antrag soll zunächst der Wirtschaftsausschuss beraten.

Trotz Protesten einer Bürgerinitiative hatte der Hauseigentümer an der Giesebrecht-, Ecke Sybelstraße das Kino Ende 2011 geschlossen und das Gebäude an „Alnatura“ vermietet. Aktuell geht es um die ursprünglich auf wöchentlich acht geschätzten Anlieferungen per Lkw – denn inzwischen hält Alnatura 34 Lieferungen mit Lkw und Kleintransportern für nötig.

Der Baustadtrat widersprach dem früheren Kulturstaatsminister Michael Naumann, der am Mittwoch im Tagesspiegel Zweifel geäußert hatte, ob beim  Bauvorhaben alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Offenbar sei das Bezirksamt getäuscht worden, schrieb Naumann, womöglich habe es sich sogar gerne täuschen lassen. Anwohner seien zu spät informiert worden, denn „nichts stört den Beamten mehr als das nervöse Bürgertum, das rechnen kann“.

Diese „ätzende Arroganz gegen das Beamtentum regt mich auf“, erwiderte Schulte. Naumanns „Polemik“ sei irreführend. Es gebe gar keine Genehmigung, die man entziehen könne, daher sei auch der Grünen-Antrag unhaltbar. Für einfachere Projekte sehe Berlins liberalisierte Bauordnung seit 2006 keine Genehmigungsverfahren mehr vor, sondern sogenannte Freistellungen. „Wir nehmen das Vorhaben einfach nur zur Kenntnis und schauen, ob die Akten vollständig sind.“ Diese Gesetzeslage solle Naumann berücksichtigen, als Politiker habe er „doch selbst Entbürokratisierung gefordert“.

Über die Entwicklung habe er die BVV und die Ausschüsse regelmäßig informiert, sagte Schulte, oft seien Mitglieder der Bürgerinitiative dabei gewesen. Und mehrere davon, darunter Naumann, seien vor ein paar Monaten zum persönlichen Gespräch ins Rathaus gekommen.

Auch Schulte wirft Alnatura aber „unverschämtes“ Verhalten und eine „Salamitaktik“ bei den Angaben zum Lieferverkehr vor. Erlaubt seien vorerst nur die ursprünglich angekündigten „fünf bis acht Anlieferungen pro Woche“. Da es jetzt um 34 Transporte gehe, wolle er „die Freistellung in ein Baugenehmigungsverfahren überleiten“. Dabei gehe es auch um Maßnahmen gegen einen Verkehrskollaps. Denkbar sei es, Lieferungen auf den Morgen zu beschränken. Zudem prüfe sein Amt gemeinsam mit der Straßenverkehrsbehörde, Teile des Rondells für Autos zu sperren. Grundsätzlich seien Verkehrsprobleme typisch für „kleine Supermärkte in der Innenstadt“, die keinen für Lkw geeigneten Parkplatz besitzen.

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