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Berlin: „Bitte helft der Polizei“

Wie türkische Blätter über einen Protestmarsch gegen eine Mordserie berichten

Am Wochenende gingen in Kassel etwa 2000 Türken auf die Straße. „Die Morde sollen aufhören“, schrieb die Hürriyet in der Überschrift des Berichtes dazu am gestrigen Sonntag. Es geht um die europaweit einmalige Mordserie, bei der seit September 2000 acht Türken und ein Grieche mit derselben Waffe in ihren Geschäften regelrecht hingerichtet wurden (wir berichteten). Die Ermittler haben bislang keine konkreten Hinweise.

Zuletzt wurde der Halit Yozgat, der Besitzer eines Internetladens, am 6. April dieses Jahres in Kassel umgebracht. „Wut auf den Mörder treibt die Leute auf die Straße“, lautete die Überschrift der Milliyet. In den Unterzeilen erklärte die Zeitung: „Die Morde an acht Türken und einem Griechen wurden von einer Demonstration scharf verurteilt. Die Türken möchten, dass der Mörder so schnell wie möglich gefasst wird.“

Der „Verein der Türken aus Yozgat“ in Kassel habe zu dem Protestmarsch aufgerufen, berichtete das Blatt. Denn das neunte Opfer trägt nicht nur den gleichen Namen wie die mittelanatolische Stadt, sondern stammt auch von dort. „Der trauernde Vater von Halit Yozgat erlitt während des Laufs einen Nervenzusammenbruch. Niemand konnte ihn beruhigen. Auch die Ehefrau von Halit Yozgat und seine Tochter Gamze brachen immer wieder in Tränen aus“, schrieb die Hürriyet.

An dem Protestzug zum Rathaus nahmen nicht nur Vertreter politischer Parteien und der beiden Kirchen teil, sondern auch die Angehörigen des achten Opfers. Mehmet Kubasik wurde am 4. April getötet. „Seine Angehörigen kamen aus Dortmund, um ihre Abscheu gegenüber den Taten zu zeigen“, berichteten die Blätter.

Milliyet zitierte den Neffen: „Bitte helft der Polizei, damit nicht noch mehr Menschenleben ausgelöscht werden.“ Beide Zeitungen zeigten Fotos, auf denen die Menschen Bilder der beiden Opfer hoch hielten. Andere trugen Transparente in deutscher und türkischer Sprache. „Wo bleibt die Polizei“, „Wir wollen kein zehntes Opfer“ und „Die Mütter sollen nicht mehr weinen“, stand darauf.

Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) erhöhte vor vier Wochen die Belohnung für Hinweise, die zur Ergreifung des Täters führen, auf 30 000 Euro. Die meisten der neun Morde waren in Bayern verübt worden. Die ermittelnde Sonderkommission „Halbmond“ ist in Nürnberg angesiedelt.

Suzan Gülfirat

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