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Berlin: Blick von ganz unten

Aus Australien kam Kim Eustice vor 22 Jahren nach Berlin. Hier findet sie viel Stoff für ihr Kabarett. Zurzeit steht sie mit ihrem neuen Programm im Comedy Club Kookaburra auf der Bühne

Ausgerechnet als die Mauer fiel, war sie nicht in Berlin. Die australische Kabarettistin Kim Eustice lacht, als sie davon erzählt: „Ich hatte einen Auftritt in Hamburg, und kein Mensch war da. Die saßen alle zu Hause vor ihren Fernsehern!“ Doch der Ärger über das verpasste Großereignis verflog schnell. Immerhin lieferte ihr die Panne genug Stoff für eines ihrer Chansons: „I went to Hamburg when the wall came down.“ Das Lied gehört seit langem zum Standardrepertoire der Australierin und sorgt nach wie vor für Lacher im Publikum.

Seit 22 Jahren lebt die aus Melbourne stammende Eustice jetzt schon in Berlin. Nach einem Engagement als Pianistin blieb sie hier hängen. Damals war West-Berlin noch eine Insel, genau wie Australien. „So leicht kam man hier nicht mehr weg“, sagt sie. Und auch wenn sie sich damals sicher war, diese eigenartige Sprache nie zu lernen – mittlerweile jongliert Eustice auf der Bühne virtuos mit dem Deutschen. Die Deutschen und vor allem die Berliner und ihre Stadt sind häufig wiederkehrende Themen ihrer Kabarettprogramme. Ob man denn über Berlin lachen könne? – „Oh, ja! Sehr gut sogar.“ Egal ob über herabstürzende Stahlträger am neuen Hauptbahnhof oder über den Freizeitwert von Friedrichshain – die Themen mit Kabarettwert gehen nicht aus. Ein anderes ihrer Chansons handelt vom Heimweh. Vom Heimweh nach Australien, dem „schönsten Platz on earth“, wie es im Lied heißt. Und der Frage, die sich Eustice immer wieder stellt: Warum nur um alles in der Welt bin ich von dort weggegangen, um jetzt im grauen Berlin zu leben? Dabei ist sie längst hier zu Hause. Die Stadt sei nicht mit Paris und London zu vergleichen und genau deswegen liebenswert. „Berlin ist überschaubar, gemütlich und trotzdem voller Leben“, sagt Eustice. Und überdies alles andere als typisch deutsch.

Mit ihren Programmen trat die Australierin schon an den unterschiedlichsten Orten auf. Bei der „Bundeskonferenz der Frauenbeauftragten“ etwa oder der „German Asia Pacific Business Association“. Auch der US-Botschafter in Deutschland gehörte schon zu ihrem Publikum. Ihre künstlerische Heimat hat Eustice mittlerweile im „Comedy Club Kookaburra“ in der Schönhauser Allee in Prenzlauer Berg gefunden. Hier spielt ihr aktuelles Programm, zusätzlich dazu findet hier einmal im Monat die „English Comedy Night“ statt. Es sei immer ein wenig komisch, wenn sie an diesen Abenden zusammen mit ihren englischsprachigen Kollegen auftritt, sagt Eustice. Dann nämlich muss sie wieder die Sprache sprechen, die ihr mittlerweile fast ein wenig fremd geworden ist. Wohler fühlt sie sich, wenn sie in ihrer eigenen Mischung aus Deutsch und Englisch vorträgt – ein Deutsch, in das sich ab und zu noch ein englisches Wort verliert. Allerdings habe das nichts zu tun mit „Denglish“, dem Sprachmix, den beispielsweise die amerikanische Künstlerin Gayle Tufts auf der Bühne spricht. Auf diese Unterscheidung legt Eustice großen Wert. Das Publikum jedenfalls ist angetan von ihrem australischen Blick auf die Hauptstadt.

Deswegen ist sich Eustice auch einer Sache mittlerweile sicher: Sie wird in Berlin bleiben. Und vielleicht macht sie irgendwann sogar wirklich einmal Urlaub in Friedrichshain. Denn, wie es in einem ihrer Songs heißt, warum noch nach Paris fahren? Hier herrscht im Gegensatz zum Trubel auf den Champs-Élysées die totale Ruhe der Frankfurter Allee.

Nächste Termine: 6. März, 3. April, 1. Mai, 5. Juni – immer am ersten Dienstag im Monat. Comedy Club Kookaburra, Schönhauser Allee 184, Reservierung unter Tel. 4862 3186.

Konstantin Vogas

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