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Die Berliner Polizei führt am Donnerstag an 250 Stellen Geschwindigkeitskontrollen durch.

© dpa

Blitzermarathon in Berlin: Keine Toleranz gegenüber Rasern

An 250 Stellen gibt es in Berlin am heutigen Donnerstag Geschwindigkeitskontrollen, 1300 Beamte sind im Einsatz. Die Polizei will dabei konsequent gegen Raser vorgehen: Wer zu schnell fährt, wird sofort rausgewinkt und muss zahlen.

Was wäre, wenn die Polizei den Blitzmarathon nicht ankündigen würde? Christian Burghardt von der Berliner Verkehrspolizei zögert etwas mit der Antwort: „Dann würde man uns Abzocke vorwerfen.“ Und genau das will das Polizeipräsidium nicht. Am Mittwoch, einen Tag vor dem großen „1. bundesweiten 24-Stunden-Blitzmarathon“, setzte die Polizei ihre Öffentlichkeitsarbeit fort. Beamte führten alle Geräte vor, die von Donnerstag, 6 Uhr früh bis Freitag, 6 Uhr früh, eingesetzt werden, also Radarwagen, Lasermessgeräte und die zivilen Videowagen.

Seit Tagen sind alle 250 Berliner Kontrollstellen im Internet veröffentlicht. 1300 Beamte werden im Einsatz sein, möglichst viele der erwischten Fahrer sollen sofort nach dem Verstoß angehalten werden. Brandenburg blitzt an 400 Stellen. Dort starben im vergangenen Jahr 52 der 166 Verkehrstoten durch zu hohes Tempo. Bundesweit sind am Donnerstag 14 700 Polizisten an etwa 8600 Kontrollstellen im Einsatz – ein noch nie dagewesener Aufwand. „Keine Toleranz gegenüber Rasern“, heißt es in einer Mitteilung, und weiter: „Wer gesellschaftliche Normen nicht akzeptiert, dessen Fehlverhalten darf auch von der Gesellschaft nicht toleriert werden.“

Beamte kennen alle denkbaren Ausreden

Pardon wird es nicht geben, kündigte Burghardt an. Wer zu schnell fährt, muss zahlen. Polizisten kennen ohnehin alle denkbaren Ausreden, denn es sind immer die selben. Angefangen mit dem erforderlichen Motortest, „der Wagen kommt gerade aus der Werkstatt“, bis hin zum „wichtigen Termin“.

Für die ganz harten Fälle sind die Videowagen da, alle 21 der Berliner Polizei sind im Einsatz. Nur wer „sehr“ viel zu schnell fährt, den halten wir an, sagt Alexander Kriedemann. Er ist am Donnerstag in einem silbergrauen 5er-BMW unterwegs. Zu erkennen ist er nicht, von dem Modell in der Farbe gibt es tausende. Aber Kriedemanns Fahrzeug hat eine hochmoderne Videoanlage an Bord, die Verstöße gerichtsfest dokumentiert. Neben Tempo auch Drängeln oder Nichteinhalten des Sicherheitsabstands. Kriedemanns Fälle sind die, bei denen Sündern ein Fahrverbot droht. In einer acht-Stunden-Schicht stoppen sie nur etwa fünf bis zehn Autos mit „extremen Überschreitungen“, wie Kriedemann sagt. Wer fällig ist, sieht plötzlich eine Kelle und das rasch aufs Dach gesetzte Blaulicht. Dann wird es teuer. Uneinsichtigen Fahrern wird gerne der Film ihrer Fahrt vorgeführt.

21 Radarwagen im Einsatz

Meist vor Kindergärten und Grundschulen steht Dieter Gottschalk mit seinem auf einem Fotostativ montierten Lasermessgerät. Ein Entkommen gibt es aber nicht. Das Gerät visiert Autos schon in mehreren hundert Metern Entfernung an – wenn Autofahrer es längst noch nicht bemerkt haben. Gottschalks Kollegen winken die Fahrer raus, nicht selten sind es Mütter, die ihre Kinder bringen wollen.

Auch die 21 Radarwagen sind am Donnerstag im Einsatz. Wer von ihnen erwischt wird, erfährt erst per Post von seinem Verstoß. Angehalten wird bei diesem System nicht – was es für die Polizei effektiv macht. Denn bei den Kontrollstellen mit Hand-Lasergeräten sind viele Beamte erforderlich zum Anhalten.

Im April hatte es in Berlin und Brandenburg einen Zwei-Länder-Blitzmarathon gegeben. Dabei waren 3380 Autofahrer erwischt worden. Mindestens genauso viele erwartet die Polizei auch jetzt. Wie viele es bei einer nicht angekündigten Aktion wären, das will Burghardt lieber nicht schätzen. Denn, alle Beamten betonen, es gehe nicht um Abzocke, es gehe um Sicherheit.

Erfunden wurde der Blitzmarathon vor zwei Jahren in Nordrhein-Westfalen. Während andere Bundesländer die Idee sofort übernahmen, zeigte sich Berlin erst skeptisch. Jetzt vereinbarten die Innenminister eine bundesweite Veranstaltung.

Schon wenige km/h mehr entscheiden über Leben und Tode

2012 war die Zahl der Unfälle, die durch überhöhte Geschwindigkeit verursacht wurden, in Berlin um 15 Prozent auf 3480 gestiegen. Bei keiner anderen Unfallursache hat es eine derartige Steigerung gegeben. Während bei einem Aufprall mit Tempo 50 etwa 60 Prozent der Fußgänger überleben, sind es bei Tempo 70 nur noch etwa 5 Prozent. Schon 20 Kilometer mehr entscheiden also oft über Leben und Tod, heißt es in der Ankündigung.

Man kann es auch drastisch beschreiben: Wenn ein Kind 15 Meter vor einem Auto auf die Straße läuft, hat es eine Chance, wenn der Fahrer vorschriftsmäßig fährt.  Bei Tempo 30 bleibt das Auto vor dem Kind stehen. „Bei Tempo 50 fängt der Fahrer an dieser Stelle erst das Bremsen an, sagt Burghardt. Der Wagen erfasst das Kind mit voller Geschwindigkeit – etwa die Hälfte der mit dem Tempo angefahrenen Menschen überlebt nicht. „Deshalb sind Verkehrsregeln nicht verhandelbar.“

Zur Übersicht der geplanten Kontrollorte in Berlin geht es hier.

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