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Berlin: Bloß keine Blumen

DJane MissKittin veröffentlichtheute ihre Single „Happy Violentine“ – und rechnet mit Valentinstagen ab

Vor einiger Zeit lief auf den Musiksendern ein Videoclip, in dem ein hübsches Mädchen in die Rolle einer DJane schlüpfte und all das tat, was nach den Vorstellungen der Videomacher zum Alltag einer solchen Tätigkeit gehört: Sich lange in den Bettlaken räkeln, nach dem Aufstehen ausgiebig Zeitung lesen, sich dann für den bevorstehenden Gig zurechtmachen und das richtige Outfit dafür finden. Das richtige Outfit?

Caroline Hervé wäre froh, wenn die Auswahl ihres Bühnenkostüms ihre größte Sorge wäre. Über derart verklärte Vorstellungen über das DJ-Dasein, insbesondere das weibliche, schmunzelt sie. Ihr Leben als DJane Miss Kittin hat mit glitzernder Videoästhetik nur wenig zu tun – dabei zählt die 32-Jährige zu einer der schillerndsten Figuren der europäischen DJ-Szene.

Am Wochenende hatte sie Auftritte in Frankfurt und Dresden, am heutigen Valentins-Montag veröffentlicht sie ihre Single „Happy Violentine“, sie hat deshalb Interviews gegeben, dabei fühlte sie sich gar nicht, eine Erkältung kündigte sich an. Am liebsten hätte Caroline Hervé, gebürtige Französin, zeitweise Schweizerin und nunmehr Berlinerin, sich in ihrer Kreuzberger Wohnung verkrochen. Doch der Beruf ging vor.

Seit zehn Jahren legt Hervé hauptberuflich Platten auf. Das hat sie ihrem Ex-Freund, einem DJ, zu verdanken, mit dem sie einst in einer Diskussion über das Plattenmixen so sehr in Streit geriet, dass er ihr sagte: Mach’s doch besser. Das tat sie dann auch. Sie legte sich den von einer japanischen Comic-Katze entlehnten Künstlernamen Miss Kittin zu und wurde berühmt. Mit ihrem Freund und Weggefährten „The Hacker“ nahm sie schon bald ihre erste Single auf. Die Elektroniknummer entwickelte sich nicht zuletzt durch Hervés französischen Akzent zum Hit.

Die Zeit in der Schweiz, bevor Carolin Hervé nach Berlin kam, war ein nervenaufreibendes Abenteuer. Sie lebte dort illegal und ohne Papiere. Die Heimlichtuerei seien ihr auf Dauer zu anstrengend geworden. An Berlin fasziniert sie die „außergewöhnlich schöne Hässlichkeit der Stadt“ und das „organisierte Chaos“. Allerdings, sagt sie, spiele sie in letzter Zeit mit dem Gedanken wegzuziehen. Es habe sich in der Berliner Club- und Musikszene so ein unbestimmtes Gefühl der Stagnation und Routine breit gemacht.

Doch immer, wenn die Elektronik-Expertin von einem ihrer Auswärts-Gigs zurückkehrt, spürt sie wieder die Verbundenheit mit der Stadt und ihrem Kiez, dem sie mit dem Stück „Neukölln 2“ eine Liebeserklärung gemacht hat.

Das Lied „Happy Violentine“ hingegen habe mit „Frustbewältigung“ zu tun, sagt Caroline Hervé. An einem Valentinstag habe sie am Computer gesessen und mit Freundinnen im Internet über Männer gechattet und darüber, wie furchtbar doch eigentlich Valentinstage sind. Blumen sind unerwünscht.

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