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BND-Zentrale: Umzug nach Berlin-Mitte

Der Bundesnachrichtendienst (BND) will sich in seiner neuen Berliner Zentrale soweit wie möglich bürgernah und transparent geben. Die Rede soll nicht mehr von den geheimen Schlapphüten sein.

Berlin - Die Auslandsspäher wollen am Donnerstag mit dem ersten Spatenstich für den umfangreichen Komplex an der Chausseestraße in Berlin Mitte eine neue Ära beginnen. Trotz aller nötigen Geheimhaltungsmaßnahmen bietet der BND in seinem öffentlichen Besucherzentrum Shops, ein Cafe, einen Vortrags- und einen Ausstellungssaal. Dieser Bereich ist für jeden Bürger zugänglich und kann ohne Kontrolle betreten werden.

Spätestens bis 2012 sollen über 4000 BND-Mitarbeiter in die 2800 Räume der BND-Zentrale eingezogen sein. Rund 1500 BND-Leute arbeiten weiter am alten Stammsitz in Pullach bei München und in anderen Regionen. Insgesamt sind schon 1400 BND-Angehörige seit 1999 in Provisorien an der Spree untergebracht.

Einstiges Stadion der Weltjugend wird neuer BND-Standort

Die neue Berliner BND-Zentrale wird hinter Bäumen und einem drei Meter hohen Zaun liegen. Die "nackten" Baukosten sind auf 720 Millionen Euro veranschlagt. Experten erwarten jedoch, dass mit der technischen Ausstattung, den Umzugskosten nach Berlin und allen Sicherungsmaßnahmen die Summe von etwa zwei Milliarden Euro erreicht wird. Der Architekt Jan Kleihues entwarf den neuen Sitz des BND auf dem zehn Hektar großen Areal des früheren Stadions der Weltjugend. Der 30 Meter hohe Gebäudekomplex wird die Häuser der Nachbarschaft um mehrere Meter überragen.

Selbstverständlich werden die Büroräume absolut abhörsicher sein. Damit andere Dienste keine Lauschangriffe starten können, wird es zu den umgebenden Häusern einen Sicherheitsabstand von 100 Metern geben. Infrarot-Schranken werden Unbefugte vom Betreten abgesperrter Bereiche abhalten. Die Bauarbeiter werden jetzt schon scharf kontrolliert. Unter ihnen macht ein Scherz die Runde, dass sogar in den Füllfederhaltern und Schreibstiften Mikrofone eingebaut seien.

Diskussionen über BND-Umzug im Vorfeld

Um den Umzug des BND nach Berlin hat es ein langes politisches Gerangel gegeben. Mit der "Aufteilung" des Dienstes wurde ein Kompromiss erzielt. In der 50-jährigen Geschichte des Nachrichtendienstes haben mehrere BND-Präsidenten immer wieder dafür plädiert, dass der BND wegen der unmittelbaren Kommunikation direkt am Regierungssitz vertreten sein müsste. Die Geheimdienstler stießen damit stets auf taube Ohren, weil der BND im Kalten Krieg in der alten Bundeshauptstadt Bonn als skandalträchtige Behörde galt. Erst der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) folgte 2003 der Argumentation des damaligen BND-Präsidenten August Hanning und stimmte der Verlegung von der Isar an die Spree zu.

Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) brachte die Lösung für die aufgeteilte Arbeit des BND so auf den Punkt: Die "geistige Konzentration" des Bundesnachrichtendienstes sei in Zukunft in Berlin, ein wesentlicher technischer Teil im Großraum Bayern. In Berlin arbeiten im "operativen Teil" die direkt für die Abwehr und Bekämpfung von Terroristen und anderen Feinden der Bundesrepublik benötigten Frauen und Männer. In Pullach wird von der Abteilung 2 "abgehört". Offiziell wird von der "Überwachung der Telekommunikation" gesprochen. In Bad Aibling bei Rosenheim hat der BND die elektronischen Horchposten von den Amerikanern übernommen. Ähnliche Einrichtungen hat der Dienst auch in Gablingen, in Südbaden, in der Eifel und in Norddeutschland.

Dienst soll radikal umgebaut werden

Zur Geschichte des BND zählen eine "Chronique Scandaleuse" wie auch bemerkenswerte Erfolge. Hanning, der jetzt Staatssekretär im Bundesinnenministerium ist, hat den Dienst in ruhigeres Fahrwasser geführt. Aber im Frühjahr zogen wieder dunkle Wolken über dem BND auf, die derart anschwollen, dass sich ein Untersuchungsausschuss des Bundestages mit den "Ausrutschern" des Dienstes beschäftigt.

Die Stichworte sind: Bespitzelung von Journalisten, von Angehörigen in den eigenen Reihen, die Arbeit von BND-Agenten im Irak, mutmaßliche CIA-Gefangenenflüge über Deutschland, die Verschleppung deutscher Staatsbürger sowie die Vernehmungspraxis von Gefangenen im Ausland. BND-Präsident Ernst Uhrlau hat die Flucht nach vorne angetreten und will den Dienst jetzt radikal umbauen. (tso/ddp)

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