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Schon am 8. April hatte Bruno Kramm, Vorsitzender der Berliner Piraten, vor der türkischen Botschaft demonstriert.

© Zinken/dpa

Böhmermann und die Folgen: Polizei beendet Piraten-Demo vor türkischer Botschaft

Berliner Vorsitzender Bruno Kramm zitiert dort die umstrittene "Schmähkritik". Das hatte das Verwaltungsgericht untersagt. Eine Glosse

Karl Marx hat es sich in Abwandlung eins Hegel’schen Gedankenblitzes eindeutig zu leicht gemacht, als er meinte, dass „alle großen weltpolitischen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen“ – als Tragödie und als Farce. Auch wenn er es nicht ausdrücklich feststellt, so scheint er doch der Meinung zu sein, man könne zwischen beiden immer genau unterscheiden, während es doch keineswegs immer klar ist, was die Tragöde ist und was die Farce. Mehr noch: Es gibt sogar Fälle, bei denen es sich eher um den Unterschied zwischen Farce und Posse zu handeln scheint, auch der Klamauk nicht ganz fern ist.

Man wird sich aber wohl darauf einigen können, dass die Aktion des Berliner Oberpiraten Bruno Kramm am Freitag vor der Türkischen Botschaft nicht in die Kategorie „große weltpolitische Tatsachen und Personen“ einzuordnen ist. Eine „Demonstration für die Presse- und Meinungsfreiheit“ stand laut Piraten-Mitteilung auf dem Programm, rund 20 Personen, vorneweg Kramm, hatten sich eingefunden. Nach einer Verfügung des Berliner Verwaltungsgerichts darf das Gedicht „Schmähkritik“ Jan Böhmermanns nicht vor der Botschaft gezeigt und zitiert werden. Kramm dagegen – so heißt es bei den Piraten – habe „den Sexismus und Rassismus des Böhmermann-Gedichtes in einer Analyse kritisiert und die Zeile ,Minderheiten unterdrücken, Kurden treten, Christen hauen‘ als eine Tatsache der Zustände in der Türkei beschrieben“.

Mit erwartbaren Folgen, man muss hier wohl von einer „self-fulfilling prophecy“ sprechen: Die Polizei schritt ein, beendete die Versammlung, nachdem die Aufforderung, von diesem Tun abzulassen, nichts fruchtete, stellte auch Kramms Personalien fest und nahm eine Anzeige wegen Verstoßes gegen Versammlungsauflagen auf. Ob ein Verstoß wegen Beleidigung eines fremden Staatsoberhaupts vorliege, werde geprüft, hieß es. Die Piraten hingegen sprechen bereits von einer Anzeige wegen Majestätsbeleidigung.

Auf seinem Twitter-Account zeigt sich der Pirat nach bestandenem Abenteuer in einer finsteren Pose, die ihn ohne Weiteres für den nächsten Tarantino-Film qualifizierte, und kommentiert: „In der Türkei wäre ich wohl nicht heil heimgekommen.“ Was wohl nur bedeuten kann, dass ihm die Tragödie erspart geblieben ist.

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