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"Bombodrom": Neue Regierung, alter Streit

Auch nach dem Regierungswechsel haben sich die Frontlinien im Streit über das "Bombodrom" nicht verschoben. Die Bundeswehr will nun per Eilantrag sogar die sofortige Nutzung des umstrittenen Bombenabwurfplatzes erzwingen.

Potsdam - Ungeachtet des Spitzengesprächs von Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) mit den Ministerpräsidenten von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, Matthias Platzeck und Harald Ringstorff (beide SPD), am 28. Februar reichte die Bundeswehr einen entsprechenden Antrag beim Verwaltungsgericht Potsdam ein.

Beide Länder bekräftigten am Donnerstag ihre ablehnende Haltung zum Bombodrom. Es bleibe bei dem uneingeschränkten Ja zu einer zivilen Nutzung des Geländes, sagte der Vize-Regierungssprecher Brandenburgs, Mario Fassbender. Platzeck werde sich weiter intensiv dafür einsetzen, dass das Ministerium von seinen Plänen abrückt.

Der Vorsitzende der Brandenburger CDU-Landtagsfraktion, Thomas Lunacek, bedauerte den Eilantrag. «Ich rate dazu, erst die Ergebnisse des politischen Spitzengesprächs beim Ministerium am 28. Februar abzuwarten.» Die SPD-Fraktion erneuerte ihre Ablehnung und forderte eine schnelle Gerichtsentscheidung in der Hauptsache. «Die Menschen in der Kyritz-Ruppiner Heide brauchen endlich Klarheit», sagte SPD- Fraktionschef Günter Baaske.

Wolfgang Gehrke vom Linkspartei-Vorstand sagte, der Protest habe bereits drei Verteidigungsminister überlebt. «Auch der vierte wird sich an dem Bombodrom die Zähne ausbeißen.» Die Brandenburger Bundestagsabgeordnete der Grünen, Cornelia Behm, kritisierte Jung. Die Bundeswehr wolle offenbar der Politik vorgreifen und vor dem Spitzengespräch vollendete Tatsachen schaffen. Die Bürgerinitiative Freie Heide warf Jung vor, das Spitzengespräch mit seinem Vorstoß belastet zu haben.

Aus der Staatskanzlei in Schwerin hieß es: «Das Bombodrom würde das Leben in Städten und Dörfern der Region und die touristische Entwicklung spürbar negativ beeinflussen. Außerdem leuchtet es nicht ein, dass eine kleiner werdende Bundeswehr einen zusätzlichen Übungsplatz braucht.»

Sollte dem Eilantrag statt gegeben werden, könnte das Areal bis zur Entscheidung in der Hauptsache militärisch genutzt werden, sagte Gerichtssprecherin Dagmar Rudolph in Potsdam und bestätigte einen Bericht der «Märkischen Allgemeinen». Eine Entscheidung sei keinesfalls vor Februar zu erwarten. Mit einem Urteil in der Hauptsache sei nicht vor Mitte 2006 zu rechnen.

Gegen die militärische Nutzung des 12 000 Hektar großen Geländes bei Wittstock (Ostprignitz-Ruppin) hatten sich vor längerer Zeit Gemeinden und private Kläger mit Eilanträgen durchgesetzt. Unter Berufung auf neue Fakten habe die Bundesrepublik nun gegen diese Entscheidungen des Potsdamer Verwaltungsgerichts eine Abänderung beantragt, sagte Rudolph.

Das Gebiet soll als Luft-Boden-Schießplatz mit Tiefflügen genutzt werden. Anwohner befürchten massive Lärmbelästigung mit negativen Auswirkungen auf den Tourismus. Die Kläger gegen das Bombodrom, die sich mit Eilanträgen durchgesetzt hatten, können nun bis Ende Januar Stellung nehmen.

Das Verteidigungsministerium hatte Mitte Dezember bekräftigt, an den Plänen festzuhalten. Argumentiert wird unter anderem, dass Deutschland ab Januar erstmals mit Tornado-Flugzeugen in der Schnellen Eingreiftruppe der Nato Präsenz zeigen müsse. (Von Matthias Benirschke, dpa)

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