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Berlin: Borsig – der Name stand für Stolz

Von Christian van Lessen Reinickendorf. Hier zu arbeiten, ist noch immer etwas Besonderes.

Von Christian van Lessen

Reinickendorf. Hier zu arbeiten, ist noch immer etwas Besonderes. Mercedes-Leute kennen so ein Gefühl, aber bei Borsig folgt auf den Stolz die Traurigkeit. „Wer sich etablierte, bleibt meist ein Leben lang hier, unsere Mitarbeiter sind treu“, sagt Borsig-Mann Gerhard Schulz. „So war es jedenfalls bisher.“ Nichts aber wird wohl mehr so sein wie bisher, die Stimmung unter den 400 Mitarbeitern, die heute in Tegel vor allem Apparate für die Chemie und Petrochemie herstellen, ist angesichts des Insolvenzverfahrens des großen Babcock-Borsig-Konzerns mies. Borsig - der hat einen Klang in Berlin. Die Firma schrieb mit dem Bau von Lokomotiven oder Dampfmaschinen eine berühmte Industriegeschichte, so wie es für Berlin auch die AEG und Siemens taten.

Die große Zeit ist lange her, und die Bedeutung des Unternehmens ist mit den Jahrzehnten immer mehr geschrumpft, aber Borsig hat Spuren hinterlassen, die nicht zu tilgen sind. Es gibt die einstigen Borsighallen als modernes Einkaufszentrum im Norden, den Ortsteil Borsigwalde, die Borsigsiedlung, die U-Bahnstation Borsigwerke, und natürlich die „Villa Borsig“ am Tegeler See, die jetzt vom Auswärtigen Amt genutzt wird.

Dass er einmal eines der damals weltgrößten Unternehmen gründen werde, hatte sich Johann Friedrich August Borsig nicht träumen lassen, als er 1823 von Breslau nach Berlin kam. Eigentlich sollte er nach der Lehre als Zimmermann arbeiten wie sein Vater. Aber der junge Borsig ließ sich anschließend in der Egellschen Maschinenfabrik ausbilden, bewarb sich 1836 um die Erlaubnis zum Betreiben einer eigenen Gießerei und kaufte dann am Oranienburger Tor ein Grundstück, nahm ein Jahr später die Produktion auf. Wenig später wurden schon Dampfkessel, Dampfmaschinen und Pumpen produziert, 1841 verließ die erste Lokomotive unter dem Namen Borsig das Werk an der Chausseestraße, 13 Jahre später war es bereits die 500. und vier Jahre später die Tausendste. Das Werksgelände vergrößerte sich in zehn Jahren um das Zehnfache. Borsig starb 17 Jahre nach Gründung seines Unternehmens, Sohn Albert übernahm die Leitung, errichtete ein Eisenwalzwerk am Moabiter Spreebogen, 5000 Arbeiter waren inzwischen im Maschinen-, Apparate- und Kesselbau beschäftigt, kurz vor der Jahrhundertwende baute Borsig in der Nähe des Dorfes Tegel einen neuen Standort für den Lokomotivbau. Das Unternehmen konzentrierte sich wenige Jahre später auf Kältemaschinen und Schiffsdampfmaschinen. 1931 war das Unternehmen zahlungsunfähig, der Staat übernahm das Werk, im Krieg wurden Rüstungsgüter produziert, um 1950 wurden die Borsig-Werke neu gegründet und produzierten wieder Maschinen und chemische Apparate. Babcock übernahm 1970. Dass es mit der Produktion bald vorbei sein könnte, will bei Borsig keiner glauben.

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