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Botschaften: Diplomatie ist auch eine Frage des Baustils

Die letzten Botschaften sind auf dem Sprung nach Berlin, es gibt Pläne für Umzüge und Neubauten. Nur noch drei afrikanische Staaten harren in Bonn aus, 29 weitere befinden sich im Ausland.

Gerade bereitet sich Saudi-Arabien auf den Einzug in die neue Botschaft an der Tiergartenstraße vor, zwischen Konrad-Adenauer-Stiftung und Canisius-Kolleg. Auf dem Sprung nach Berlin sind die Demokratische Republik Kongo, Kamerun und Sierra Leone, die drei letzten Botschaftsbastionen in Bonn, die sich dem Rutsch nach Berlin bislang widersetzt haben. „Es ist immer günstiger, am Ort der Regierung zu sein“, heißt es im Auswärtigen Amt.

Indonesien hat gerade vom Land Berlin ein zum Bauprojekt „Diplomatenpark“ gehörendes Grundstück an der Tiergartenstraße erworben, um hier eine Botschaft zu bauen. Stellenweise aber sieht die Gegend noch wie die Kulisse eines Nachkriegsfilms aus, neben der herausgeputzten Estland-Villa und den Neubauten Nordrhein Westfalens und der Vereinigten Arabischen Emirate zeigen sich noch immer Wildwuchs und eine letzte Ruine. Hier will die Hellenische Republik ihre einstige Botschaft wiederaufbauen, die alte Fassade herrichten und ein Ergänzungsgebäude errichten. Als Motiv auf einer Bauplane ist die Botschaft schon vorhanden. Anfang 2009 könnte es losgehen, hoffen die Griechen. In der Nachbarschaft wartet die Brachfläche an der Ecke Tiergartenstraße auf den Neubau der Türken, einen Architektenwettbewerb hat es gegeben, der Baubeginn ist unklar.

Das Auswärtige Amt hält mit 184 Botschaften direkten Kontakt, dazu mit 171 Generalkonsulaten. Telefonisch gilt nicht immer der Ortstarif: 152 Botschaftsgebäude stehen in Berlin – die drei afrikanischen harren noch als Letzte in Bonn aus, 29 weitere befinden sich im Ausland, denn auch dort sind Botschafter für Deutschland akkreditiert. San Marino lässt sich von New York aus vertreten, Palau (Südsee) aus Washington, Antigua und Fidschi aus London, die Seychellen aus Paris, Surinam aus Den Haag. Etliche andere kleine Staaten sprechen mit dem Bund von Brüssel aus oder gar vom brandenburgischen Falkensee – wie Madagaskar. Vor allem arabische Staaten hüllen ihre Botschaften in exotische Architektur, die fasziniert, aber auch irritiert: wie die von Katar an der Hagenstraße oder der Vereinigten Arabischen Emirate an der Hiroshimastraße. Die „Platzhirsche“ am und um den Pariser Platz – die neue US-Botschaft, die Vertretungen von Frankreich, Großbritannien und Russland, sind wie die Botschaften im wiedererwachten einstigen Tiergartener „Diplomatenviertel“ längst Station von Stadtrundfahrten. Wie die Nordischen Botschaften oder die von Italien, Japan, Südafrika und Indien. Viele Botschaften sind aber auch fast versteckt quer durch die Stadt verteilt, hinter Bürohausfassaden verborgen oder in Wohngebieten. Erst an den Klingelknöpfen zum Beispiel ist an der Joachim-Karnatz-Allee im Gebäudekomplex „Moabiter Schlange“ ein Großteil von Lateinamerika zu erkennen: die Botschaften von El Salvador, Guatemala, Panama, Nicaragua. Im einstigen Ballhaus Tiergarten hat sich die Botschaft von Usbekistan angesiedelt, die Vertretungen von Eritrea, Ghana, Kap Verde und Kuba erinnern in der Stavanger- und Gotlandstraße in Prenzlauer Berg an das Ost-Berliner Botschaftserbe: in zweistöckigen Plattenbauten Marke „Pankow“ , die bei Architekturführungen gern gezeigt werden.

Diplomaten von Albanien, Singapur, Neuseeland und der Slowakei verbergen sich hinter Bürohausfassaden der Friedrichstraße, ein weiteres diplomatisches Zentrum sind die Wallstraße mit Australien, Angola, Brasilien und Zypern oder die Dessauer Straße, in der sich Costa Rica, die Dominikanische Republik, Montenegro und Senegal einen Altbau teilen. Die Jägerstraße in Mitte beherbergt Belgien, Ruanda und (noch) Griechenland.

In seinem Baukomplex „Tiergartenviertel“ an der Klingelhöferstraße hat Bauunternehmer Klaus Groth Bahrain, Luxemburg, Malaysia, Malta, Mexiko, Monaco etabliert. Die Gegend habe Flair und sei geeignet für weitere Botschaftsansiedlungen, sagt er. Er spricht aber auch von der Gefahr, dass Länder nur Grundstücke kauften, sich aber mit einem Neubau dann viel Zeit ließen. Eine Bauverpflichtung in Berlin gebe es leider nicht.

So ein Umzug sei eben auch eine Kostenfrage, sagt ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Der Bund, betont er, leiste bei der Ansiedlung in Berlin „ideelle Hilfe, aber keine materielle“.

Christian van Lessen

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