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Brandenburg: Basis begehrt gegen SPD-Spitze auf

Drei Kreischefs fordern eine neue Debattenkultur in der Brandenburger SPD. Innenminister Dietmar Woidke nennt das eine "entwürdigende Attacke".

Der Nachwuchs der Brandenburger Landes-SPD will die nach dem Rücktritt des Parteistrategen und Ex-Innenministers Rainer Speer brüchig gewordenen Machtstrukturen aufbrechen. Die Chefs der drei mächtigen Unterbezirke von Potsdam, Potsdam-Mittelmark und Teltow-Fläming fordern im Vorfeld der Sitzung des Landesvorstandes am Montag eine neue Diskussionskultur in der Landespartei, womit sie das bisherige Führungssystem infrage stellen. Einen Frontalangriff gegen den SPD-Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten Matthias Platzeck vermeiden sie aber.

Es müssten alte Denkmuster aufgebrochen werden, sagte der SPD-Kreischef von Potsdam-Mittelmark, Sören Kosanke. Vorschläge einzelner Mitglieder seien oft als Angriff auf die Führung interpretiert worden. Dabei sei es eine „klimatische Frage“, die Dinge offen ansprechen zu können. Tatsächlich richtet sich der Vorstoß der drei bereits als Partei-Rebellen titulierten Unterbezirkschefs gegen Generalsekretär Klaus Ness und die bisherige Praxis, Entscheidungen in kleinen Machtzirkeln zu treffen. Zugleich bringen sie sich damit für die nächste Wahlperiode ab 2014 in Stellung. Bereits vor gut einem Jahr hatten Kosanke (heute 34) und Potsdams SPD-Chef Mike Schubert (38) mit einem Antrag zu einem Neuanlauf für eine Fusion von Berlin und Brandenburg auf sich aufmerksam gemacht, während Platzeck und Ness bis dahin eine Debatte stets für unnötig erklärt hatten. Als die Parteispitze eher hilflos und unentschieden auf die Proteste gegen Lärm und neue Flugrouten am Großflughafen BBI in Schönefeld reagierte, drückten sie durch, dass die Landes-SPD ein Nachtflugverbot, eine Lärmabgabe für Umliegergemeinden und Entschädigungen fordert. Kosanke und Schubert kritisierten zudem das Krisenmanagement in Partei und Landtagsfraktion bei den Affären um die damaligen Minister Speer und Rupprecht.

Anlass für den neuen Vorstoß ist die von Platzeck angestoßene „Leitbilddebatte 2030“ zur Zukunft Brandenburgs, das mit dramatischem Bevölkerungsrückgang und drastisch schwindenden Finanzen zu kämpfen hat. Schubert, der vor drei Jahren bereits die Potsdamer SPD mit einer breiten Programmdebatte aus der Krise geführt hatte, will dem Parteivorstand am Montag seine Strategie vorstellen. „Statt einer kleinen Gruppe“, die ein Leitbild aufschreibt, soll die Basis beteiligt werden, heißt es in einem Brief an alle Parteimitglieder, der am Freitag verschickt wurde.

Innenminister Dietmar Woidke (SPD), dessen Ministerbüro Mike Schubert leitet, zeigte sich am Sonntag verärgert über die Kritik. Er sei „echt sauer“, sagte Woidke der „Lausitzer Rundschau“ laut Vorabbericht vom Sonntag. Woidke nannte den Vorstoß eine „entwürdigende Attacke“. Offensichtlich sei die Kritik der drei Politiker gegen Personen gerichtet. Dabei säßen alle drei als Kreischefs an „Stellen, wo sie Entscheidungen in der Partei mitbeeinflussen können“, sagte Woidke. (mit dpa)

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