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Berlin: Brandenburg gegen neue S-Bahnstrecken

Land setzt Prioritäten für Nahverkehr Angebot in ländlichen Regionen wird schlechter.

Potsdam/Berlin - Das Land Brandenburg hat einer Verlängerung der S-Bahn ins Umland eine Absage erteilt. Das geht aus dem neuen Nahverkehrsplan für das Land Brandenburg in den Jahren 2013 bis 2017 hervor, den Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) am Dienstag vorstellte. Außerdem werden in dünnbesiedelte Regionen der Mark weniger Regionalzüge fahren, wobei gering frequentierte Züge etwa in den Nachtstunden gestrichen, aber keine Strecke generell stillgelegt werden soll. In der rot-roten Regierungskoalition Brandenburgs hatten die Linken ihr Veto gegen jedwede Streckenstilllegung eingelegt und auf einen entsprechenden Passus im Koalitionsvertrag gepocht.

Der in den vergangenen Jahren immer wieder diskutierte Ausbau von S-Bahn-Strecken etwa nach Falkensee oder auch nach Velten oder Rangsdorf ist selbst langfristig nicht mehr vorgesehen – nicht einmal im auf 2030 ausgerichteten „Perspektivnetz“ für Deutschlands Hauptstadtregion. „Netzerweiterungen sind unter gegebenen Finanzperspektiven nicht möglich aber auch nicht erforderlich“, heißt es in dem Papier.

Damit befinden sich Brandenburg und Berlin erneut nicht auf einer Linie. In Berlin haben SPD und CDU in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, die S-Bahn bis Falkensee zu verlängern. Zumindest bis fast zur Stadtgrenze mit einem Bahnhof an der Hackbuschstraße will der Senat die S-Bahn fahren lassen. Vorangetrieben haben die Planer das Projekt jedoch auch auf Berliner Gebiet nicht. Der Ausbau bis Falkensee hatte in der Nutzen-Kosten-Rechnung den erforderlichen Wert übertroffen – war aber mit Einschränkungen im Regionalverkehr verbunden.

Die Landesregierung stellt sich aber auch zum Teil gegen ihre eigenen Gemeinden. Vor allem die Stadtverwaltung in Velten hatte seit Jahren gefordert, die S-Bahn über Hennigsdorf hinaus zu verlängern. Dafür hatte die Gemeinde auch auf eigene Rechnung Gutachten in Auftrag gegeben, die die S-Bahn-Würdigkeit feststellen. In Rangsdorf setzt sich eine Bürgerinitiative für den Weiterbau der S-Bahn ein. Sowohl Velten als auch Rangsdorf waren bis zum Bau der Mauer mit der S-Bahn zu erreichen. Der Bund hatte nach der Einheit zwar versprochen, das Netz so herzustellen, wie es bis 1961 vorhanden war, umgesetzt worden ist dieses Programm aber nicht komplett.

Brandenburg drängt darauf, dass der Berliner S-Bahnbetrieb schrittweise ausgeschrieben wird. Man habe mit dem Wettbewerb auf der Schiene in Brandenburg gute Erfahrungen gemacht, betonte Verkehrsminister Vogelsänger. Hier profitiert Brandenburg von neuen Verträgen, die zulasten der BVG und der S-Bahn gehen.

In Brandenburg nutzen 170 000 Menschen täglich den Regionalzugverkehr, 2008 waren es noch 152 000 Fahrgäste, weitere 150 000 Brandenburger und Berliner nutzen täglich die S-Bahn auf brandenburgischem Gebiet. Das Land, dass die Regionalverbindungen bei Unternehmen wie der Deutschen Bahn und anderen bestellt, gibt dafür jährlich knapp 416 Millionen Euro aus. Es werde eine große Herausforderung sein, bleibe aber Ziel, angesichts der demografischen Herausforderungen „die Fahrgastzahlen weiter zu erhöhen“, sagte Vogelsänger. Dafür sollen die Angebote für Park-and-Ride, bisher 17 000 Parkplätze an 185 Bahnhöfen, und Bike-and-Ride, bislang 23 000 Stellplätze an 243 Bahnhöfen, weiter ausgebaut werden.

Von den Streichungen am stärksten betroffen ist die Prignitz, wo etwa zwischen Meyenburg und Kyritz Regionalzüge nur im Schülerverkehr unterwegs sein werden - ähnlich wie Buslinien in entfernteren Regionen des Landes. Weitere Bahnstrecken bleiben langfristig trotzdem latent gefährdet, wenn es bei bislang weniger als 500 Fahrgästen pro Tag bleibt, etwa von Wriezen oder Beeskow nach Frankfurt (Oder) oder zwischen Falkenberg und Jüterbog, zwischen Beelitz und Treuenbrietzen, zwischen Löwenberg und Rheinsberg.

Auf der anderen Seite wird es auch Gewinner geben. Für Brandenburg von Bedeutung ist der Ausbau des Berliner Bahnhofs Ostkreuz, der bis 2016 laut Vogelsänger zum wichtigsten Umsteigepunkt werden wird. Kurzfristig soll laut Vogelsänger der Potsdamer Universitätsstandort Golm besser an den Nahverkehr angebunden werden, etwa mit einer Zugverbindung zum neuen BER in Schönefeld. Langfristig hofft Vogelsänger, den verwaisten Bahnhof Pirschheide - vor dem Fall der Mauer der „Hauptbahnhof“ - beleben zu können.

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