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 Im Landkreis Spree-Neiße im Südosten von Brandenburg holte die AfD viele Stimmen.

© picture alliance / Monika Skolim

Brandenburg: Sorben sind besorgt über den Erfolg der AfD

Im Landkreis Spree-Neiße im Südosten von Brandenburg holte die Partei viele Stimmen.

Von Sandra Dassler

„Von uns redet niemand mehr mit der Zeitung“, sagt eine Einwohnerin von Heinersbrück, einer 600-Seelen-Gemeinde im Landkreis Spree-Neiße: „Die hat eine ganze Seite über uns gebracht, weil hier so viele AfD gewählt haben. Als unsere Schule geschlossen wurde, hat sich keiner gekümmert.“ Das stimmt zwar nicht, denn die regionale Tageszeitung „Lausitzer Rundschau“ hat vor einigen Jahren auch über die Schließung der Heinersbrücker Grundschule berichtet. Gleichwohl rückte das Dorf nach der Bundestagswahl tatsächlich in den Fokus der Öffentlichkeit. 40 Prozent haben hier AfD gewählt – obwohl Heinersbrück nicht nur im sorbischen Siedlungsgebiet liegt, sondern die Traditionen der slawischen Minderheit in besonderer Weise pflegt.

Die Domowina, der Dachverband der sorbischen Vereine hat die Wahlergebnisse in der Lausitz mit Besorgnis zur Kenntnis genommen. „Mit der AfD hat eine Partei die meisten Stimmen erzielt, die auf unsere Forderung nach Gleichbehandlung der autochthonen nationalen Minderheiten ablehnend reagiert hat“ heißt es in einer Stellungnahme: „Zudem verweisen wir auf zahlreiche Aussagen führender AfD-Politiker, die unserer Ansicht nach nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Wir betrachten die Menschenwürde als unantastbar.“

Keine blühenden Landschaften

Die Domowina vertritt nicht nur die brandenburgischen, sondern auch die sächsischen Sorben und legt Wert auf die Feststellung, dass in vielen sorbischen Gemeinden des Freistaats die AfD nicht die stärkste Partei geworden sei. „Der Grund dafür besteht darin, dass die sächsischen Sorben größtenteils katholisch sind und auch so wählen“, sagt Janek Schäfer, Chefredakteur von „Serbske Nowiny“, der einzigen Tageszeitung in obersorbischer Sprache. Zwar hätte die CDU auch hier Wählerstimmen verloren, sei aber dennoch stärkste Partei geblieben.

Bei den traditionell eher evangelischen Brandenburger Sorben sah das anders aus. Die meisten wohnen im Landkreis Spree-Neiße, wo die AfD zumindest bei den Zweitstimmen triumphierte. „Die Menschen – ob Sorben oder nicht – haben so gewählt, weil sie mit der Politik hochgradig unzufrieden sind“, sagt Hannes Wilhelm Kell, ein Sprecher der Initiative für eine sorbisch/wendische Volksvertretung: „Von blühenden Landschaften ist nichts zu sehen – im Gegenteil: Die Zukunft ist gerade wegen der irrationalen Kohle-Politik ungewiss. Und wenn nicht Bürgerinitiativen bestimmte Missstände wie die Verockerung der Spree lautstark anprangern, tut sich hier gar nicht.“

„Wir lehnen es ab, dass das sorbische Volk benutzt wird, um andere Minderheiten auszugrenzen“

Die von der Domowina befürchtete restriktive Minderheiten-Politik durch die AfD bereitet vielen Sorben offenbar kein Kopfzerbrechen. „Da geht es doch nicht um die Volksgruppen, die schon immer hier leben“, sagt die Einwohnerin von Heinersbrück: „Die haben das doch selbst auf diesem Plakat verkündet.“

Besagtes AfD-Plakat hatte im Frühsommer heftige Proteste ausgelöst. Es zeigte eine Dirndlträgerin, eine Schwarzwälderin mit Bollenhut und eine Frau in der Festtagstracht der Spreewälder Sorben. Darunter stand „Bunte Vielfalt? Haben wir schon!“ Die Domowina hatte sich strikt davon distanziert: „Wir lehnen es ab, dass das sorbische Volk benutzt wird, um andere Minderheiten auszugrenzen“, sagte eine Sprecherin.

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