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Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (links) rüstet die Behörde von Verfassungsschutzchef Frank Nürnberger (rechts) auf.

© Nestor Bachmann/dpa

Brandenburgische Landesregierung: Rot-Rot will Verfassungsschutz strenger kontrollieren

An der Reform des brandenburgischen Verfassungsschutzes wäre fast die Landesregierung zerbrochen. Nun gibt es mehr Personal und Schutz für Whistleblower.

Brandenburgs Verfassungsschutz soll künftig stärker vom Parlament kontrolliert werden und erstmals eine weisungsfreie Innenrevision erhalten, aber weiter mit V–Leuten arbeiten dürfen. Die heißen in Brandenburg künftig allerdings „verdeckte Informationsgebende“, was bundesweit ein Novum sein dürfte.

Das alles geht aus dem rot-roten Gesetzentwurf für die Novelle des Verfassungsschutzgesetzes hervor, auf den sich SPD und Linke nach langen Auseinandersetzungen in der Koalition wenige Monate vor der Landtagswahl am 1.September doch noch einigen konnten. Nach Auskunft von Staatskanzleichef Martin Gorholt soll das Gesetz im Juni das Parlament passieren. Am Dienstag wird die Vorlage im Kabinett und beiden Fraktionen besprochen.

Nach dem dem Tagesspiegel vorliegenden 56-Seiten-Entwurf, mit dem auch Konsequenzen aus dem NSU–Skandal gezogen werden, wird es erstmals eine Whistleblower-Regelung geben. Verfassungsschützer werden sich „ohne Einhaltung des Dienstweges an die Parlamentarische Kontrollkommission im Landtag wenden können, um aus ihrer Sicht bestehende Missstände ansprechen zu können, ohne deswegen Sanktionen befürchten zu müssen.“

Die Linke will den Verfassungsschutz am liebsten abschaffen

Der Konflikt war noch härter als jener um die künftigen Befugnisse der Polizei im Land, da Teile der Linken den Verfassungsschutz am liebsten abschaffen würden. Mit der Novelle – und einer parallelen Personal-Aufstockung um 37 auf 120 Stellen – wird der Inlandgeheimdienst nun gestärkt, worauf SPD-Innenminister Karl-Heinz Schröter lange hingearbeitet hatte.

Er hatte den Verfassungsschutz bereits im Alleingang zunächst durch 27 Versetzungen aus seinem Ressort provisorisch aufgestockt. Nun werden es regulär 37 Stellen mehr, also insgesamt 130.

Damit das neue Gesetz noch rechtzeitig vor Ende der Wahlperiode beschlossen werden kann, wird ein ungewöhnliches Verfahren praktiziert: Das Kabinett wird den Koalitionsfraktionen „eine abgestimmte Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf“ liefern, wie es in der Besprechungsunterlage für das Kabinett heißt. Brandenburgs veraltetes Verfassungsschutzgesetz aus dem Jahr 1993 wird erst zum dritten Mal überhaupt angepasst.

Bei den Befugnissen wird Brandenburg hinter anderen Bundesländern zurückbleiben

Durch die Änderungen soll insbesondere die bislang eher zahnlose Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) des Landtages, eine Erkenntnis des NSU–Untersuchungs-Ausschusses, deutlich gestärkt werden. Und zwar durch die erweiterten Auskunftspflichten der Regierung, das neue Recht, Sachverständige zu beauftragen und einen neuen hauptamtlichen Ständigen Verfassungsschutzbevollmächtigten der PKK (Besoldungsstufe B2), der beim Verfassungsschutz „regelmäßige und einzelfallbezogen Untersuchungen“ vornehmen darf. „Alle diese Ansätze sind geeignet, die Kontrollintensität gegenüber der Verfassungsschutzbehörde maßgeblich zu erhöhen“, heißt es.

Bei den geheimdienstlichen Befugnissen wird Brandenburgs Verfassungsschutz aber weiter hinter den anderen Bundesländer zurück bleiben, was Innenminister Schröter mit Blick auf wachsende Terrorgefahren ändern wollte. Das ging den Linken aber zu weit. Nun soll dem Verfassungsschutz zumindest der Einsatz von IMSI-Catchern erlaubt werden.

Diese werden benutzt, um den Standort von Mobilfunkgeräten zu orten. Zum anderen soll sich der Verfassungsschutz im Internet unter Legenden bewegen dürfen, also fiktiven Identitäten.

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