zum Hauptinhalt
Belagert. Die Parteichefin der Linken Katja Kipping sitzt hinter Protestzelten von Greenpeace in der Parteizentrale. Seit Tagen besetzen Greenpeace-Aktivisten die Parteizentrale der Linken in Berlin, weil sie die Partei unter Druck setzen wollen, in Brandenburg kommende Woche gegen den Tagebau Welzow-Süd II zu stimmen. Die brandenburgische Linke will aber an der Braunkohle festhalten.

© dpa

Exklusiv

Braunkohle: Tagebau untergräbt die Verfassung

Ein Gutachten der Berliner Rechtsanwältin Cornelia Ziehm sieht Welzow-Süd II nicht im Interesse des Gemeinwohls. Damit wäre ein Neuaufschluss des Braunkohletagebaus verfassungswidrig, finden auch die Grünen, die das Gutachten in Auftrag gegeben haben.

Greenpeace besetzt aus Protest gegen den am Dienstag geplanten Beschluss der brandenburgischen Landesregierung für einen neuen Braunkohletagebau in Welzow-Süd II weiterhin die Bundesparteizentrale der Linken in Berlin.

Derweil hat die grüne Bundestagsabgeordnete aus Brandenburg, Annalena Baerbock, die Argumentationsbasis für die Aktivisten noch etwas verbessert: Die klimapolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion hat bei der Berliner Rechtsanwältin Cornelia Ziehm ein Kurzgutachten in Auftrag gegeben, das zu dem Schluss kommt, dass der Neuaufschluss von Braunkohletagebauen verfassungswidrig ist. Baerbock sagte dem Tagesspiegel: „Die Erschließung neuer Braunkohletagebaue kann nicht auf ein Gemeinwohlziel von besonderem Gewicht gestützt werden.“ Deshalb müssten die rot-rote Landesregierung in Brandenburg und die schwarz- gelbe Landesregierung in Sachsen, die in Nochten einen neuen Braunkohletagebau genehmigen will, dieser veränderten „energiepolitischen Notwendigkeit“ des Jahres 2014 Rechnung tragen, verlangt Baerbock. Die Versorgung des Energiemarktes mit Braunkohle könne nicht mehr als „Gemeinwohlinteresse mit besonderem Gewicht“ gelten, weil es dafür keine energiepolitische Notwendigkeit mehr gebe, argumentiert Cornelia Ziehm in ihrem Gutachten.

Ziehm leitet ihre Argumentation aus dem Garzweiler-II-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom vergangenen Dezember ab. Damals hatten die Richter den Braunkohletagebau Garzweiler zwar als verfassungskonform gewertet, gleichzeitig aber verlangt, dass die Interessen von Grundeigentümern höher gewichtet werden müssten, weil in mehrere Grundrechte eingegriffen werde. Ziehm vertritt in ihrem Gutachten zudem die Auffassung, dass die Neuerschließung von Braunkohletagebauen dem Staatsziel Umweltschutz, das 1994 ins Grundgesetz aufgenommen worden ist, widerspricht. Der Klimaschutz sei im Staatsziel Umweltschutz enthalten. Die Braunkohleverstromung stehe dem entgegen.

Ziehm bezweifelt noch aus einem anderen Grund, dass die Energiestrategie 2030 der brandenburgischen Landesregierung aus dem Jahr 2012 als Begründung für eine Enteignung gelten könne. Denn erst ein Jahr nach dem Beschluss habe die Landesregierung beim Berliner Professor Georg Erdmann ein Gutachten in Auftrag gegeben, das für den Tagebau Welzow- Süd II eine „energiewirtschaftliche Rechtfertigung“ nachliefern sollte. Für den Tagebau Nochten fehle die energiepolitische Rechtfertigung bis heute, moniert Ziehm. Für Annalena Baerbock ist klar, dass sich, „wer heute noch neue Tagebaue plant, auf verfassungsrechtlich dünnes Eis“ begebe.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false