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Die Freybrücke über die Havel steht schon seit Anfang der 90er Jahre auf der Liste zu erneuernder Brückenbauwerke.

© Kitty Kleist-Heinrich

Brückensperrung in Berlin: Freybrücke stand 20 Jahre auf der Bauliste

Seit 1993 wurde über die Sanierung der Freybrücke geredet – bis es zu spät war. Nach Notreparaturen ist die Brücke über die Havel nun zwar wieder teilweise befahrbar, die Liste der sanierungsbedürftigen Brücken könnte in Zukunft aber noch länger werden.

Berlin hat schätzungsweise 2100 Brücken, genaue Zahlen sind nicht bekannt. Alle Brücken müssen nach einer DIN-Vorschrift geprüft werden, das läuft ähnlich wie beim Tüv. Alle sechs Jahre eine Hauptuntersuchung, zwischendrin eine Nachkontrolle und jedes Jahr eine einfache „Sichtprüfung“. Darüber werden Protokolle geschrieben, die sich über die Jahre zu dicken Akten bündeln. Auch die Freybrücke im Verlauf der Heerstraße wurde regelmäßig kontrolliert, trotzdem wurde sie am 13. Januar gegen Abend überraschend für Lkw gesperrt.

Was ist da eigentlich passiert?

Die Freybrücke über die Havel steht schon seit Anfang der 90er Jahre auf der Liste zu erneuernder Brückenbauwerke. Wegen des geplanten Ausbaus der Wasserstraßen, Projekt 17 Deutsche Einheit, sollte eine neue Brücke errichtet werden, doch Projekt 17 wurde immer weiter hinausgezögert und schließlich ganz beerdigt. Übrig blieb eine im Laufe der Jahre schadhaft gewordene Freybrücke. 2008 wurde aus Sicherheitsgründen bereits eine Spur für Lkw gesperrt.

Vorgesehen war Abriss und Neubau

„Wir haben das schon länger beobachtet. Bei Bauwerken, die besonders kritisch sind, gibt es die Sonderprüfung ohne besonderen Anlass. Die findet mindestens einmal jährlich statt“, sagt Eva-Maria Foth, Leiterin des „Objekbereichs Ingenieurbauwerke“ in der Senatsbauverwaltung. Die bekannten Schadstellen werden dann genau angeschaut, ob sie sich verschlechtert haben.

„Seit 1993/94 stehen wir in Verhandlungen mit dem Bund für einen Ersatzneubau. Deshalb wurde nur noch das Nötigste gemacht, um den Verkehr aufrechtzuerhalten. An der Stößenseebrücke, die ja in unmittelbarer Nähe liegt, da haben wir in den vergangenen Jahren den Korrosionsschutz erneuert und Lager ausgewechselt, um die Standsicherheit zu erhalten.“ An der Freybrücke hätten zumindest Lager gewechselt und das Bauwerk ertüchtigt werden müssen, um die Brücke langfristig erhalten zu können. Aber vorgesehen war ja Abriss und Neubau. „Eigentlich ist es unwirtschaftlich, jedes Bauwerk instand zu setzen. Bei diesen alten Brücken ist eigentlich immer der Ersatzneubau wirtschaftlicher.“

Nach langwieriger Planung haben im Mai 2013 schließlich die Arbeiten für eine neue Freybrücke begonnen. 33 Millionen Euro werden investiert, das meiste Geld kommt vom Bund. Zunächst wird eine provisorische Ersatzbrücke gleich daneben errichtet, damit der Verkehr während des Neubaus weiter fließen kann, wenn auch auf vier statt fünf Fahrspuren. 2015 soll das Problem der maroden Brücke über die Havel aus der Welt sein.

Eine Vollsperrung ist der schlimmste Fall

Steht weder ein Neubau noch eine Sanierung in Aussicht, reagiert die Brückenaufsicht mit Nutzungseinschränkungen, etwa Überholverbote oder Lastbeschränkungen. Eine Vollsperrung ist der schlimmste Fall. „Normalerweise versuchen wir, möglichst viel Verkehr zu erhalten“, sagt Foth. Sperrungen sind bisher die absolute Ausnahme. Bis auf die Löwenbrücke im Großen Tiergarten gibt es derzeit keine Sperrungen. Doch das könnte sich ändern. Und nicht immer geht es ums Geld. Es fehlt auch oft an Fachpersonal.

„Wir haben einen sehr großen Altbestand an Brücken“, sagt Foth. „Zugleich hat der Verkehr stark zugenommen.“ Wenn es nicht mehr Experten gibt, um all diese Neubauten auch zu planen, dann wird die Liste sanierungsbedürftiger Brücken eher noch länger.

Notverkehr auf der Heerstraße

Brücken-TÜV
Eine Brücken-Hauptuntersuchung bedeutet, dass ein entsprechend ausgebildeter Ingenieur sich alle Brückenteile aus der Nähe ansieht, auf Risse und Korrosion untersucht. Bei einer Autobahnbrücke wie die Rudolf-Wissell-Brücke dauert solch eine Visite schon mal eine ganze Woche. Der Ingenieur steigt auf die Pfeiler, begeht Hohlräume innerhalb der Brückenkonstruktion, schaut sich die Unterseite der Brücke an.

Jeder macht seins
Das Land betreut 1100 Brücken des Landes und des Bundes, hinzu kommen Brücken über die Wasserwege, die vom Wasser- und Schifffahrtsamt betreut werden. Bahn und BVG kümmern sich um ihre eigenen Brückenbauwerke, etwa die Hochbahnviadukte.

Vollsperrung droht
Die Freybrücke ist nach Not-Reparaturarbeiten seit Freitagabend wieder für Fahrzeuge bis 18 Tonnen Gesamtgewicht auf einer Spur je Richtung freigegeben. Für schwere Lastwagen ist eine Umleitungsstrecke ausgeschildert worden. Nach Senatsangaben wird die Polizei „ständig“ kontrollieren, ob das Gewichtslimit eingehalten wird. Sollten wiederholt Verstöße gegen die Beschränkung festgestellt werden, müsse die Brücke unter Umständen voll gesperrt werden. Die für den Neubau erforderliche Hilfsbrücke, die derzeit errichtet wird, ist frühestens im Sommer befahrbar. Der Umweg für schwere Lastwagen bringt das Fuhrgewerbe in die Bredouille, weil die Fahrten nun länger dauern. Dadurch können Überstunden erforderlich werden, zum Teil müssen auch zusätzliche Fahrzeuge eingesetzt werden.

Notverkehr bei der BVG
Am Wochenende rollten leichte Mini-Busse, die sonst im Nachtverkehr am Stadtrand eingesetzt werden, über die fünfspurige Heerstraße. Ab heute gibt es einen verbesserten „Notverkehr“, wie die BVG mitteilt. Auf der Linie M 49 (Staaken–Zoo) werden zwölf Meter lange Eindecker eingesetzt. Sie wiegen nur 18 Tonnen – bieten aber auch nur Platz für 60 Menschen. Doppeldecker (26 Tonnen) und Gelenkbusse (28 Tonnen) sind zu schwer, daher bleibt der X 49er eingestellt; der X34 fährt von Kladow nach Spandau. (loy/kt)

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