zum Hauptinhalt

Berlin: BSE: Verwirrung um "grenzwertigen" Test bei Brandenburger Rind

In Berlin und Brandenburg beunruhigt jetzt eine BSE-Probe von einem Rind aus Brandenburg die Behörden. Die Probe sei "nicht ganz negativ" und liege "im grenzwertigen Bereich", sagte Jochen Hentschke, Abteilungsleiter im Institut für Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen (ILAT).

In Berlin und Brandenburg beunruhigt jetzt eine BSE-Probe von einem Rind aus Brandenburg die Behörden. Die Probe sei "nicht ganz negativ" und liege "im grenzwertigen Bereich", sagte Jochen Hentschke, Abteilungsleiter im Institut für Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen (ILAT). Man könne aber keineswegs von einem positiven Befund sprechen. Es liege lediglich eine schwache bläuliche Verfärbung vor, die möglicherweise auch testinterne Gründe habe. Das Berliner Institut hat die Probe mehrfach mit dem gleichen Ergebnis untersucht, derzeit laufen Gegen-Proben in Brandenburg, ein Kurier hat zudem eine Probe zum nationalen Referenzzentrum in Tübingen geliefert. "Ich vermute, dass sich das nicht bestätigen wird", sagte Hentschke. Das Brandenburger Agrarministerium bestätigte "Auffälligkeiten", warnte aber auch vor "voreiliger Spekulation".

Das Tier stammt von einem kleinen privaten Hof mit wenig Tieren aus dem Süden Brandenburgs. Unklar ist bisher, ob es sich um ein angekauftes oder ein eigenes Rind handelt. Bis das Ergebnis vorliegt, dürfen die anderen Tiere den Stall nicht verlassen. Das fragliche Rind wurde im Schlachthof Kasel-Goldsieg im Süden des Nachbarbundeslandes getötet. Auch hier darf das Fleisch vorerst nicht weiter verarbeitet werden und verbleibt im Kühllager. Das Tübinger Institut hat das Ergebnis für Sonntag avisiert, die Brandenburger Behörden drängen jedoch auf eine schnellere Prüfung. Beim ILAT wurden seit vergangener Woche drei Rinderhirne aus Berlin getestet (alle negativ) sowie 29 aus Brandenburg - darunter die nicht eindeutige Probe. Möglicherweise handele es sich nur um eine "Mitreaktion eines anderen Eiweißstoffes", sagte Hentschke. Unterdessen reagierte die Senatsverwaltung für Wirtschaft mit Unverständnis auf die Weisung der dem Bundeslandwirtschaftsministerium nachgeordneten Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.

Die Anstalt hat eine Weisung an "Edeka Nord" herausgegeben, die die Etikettierung von abgepacktem Fleisch mit der Angabe "BSE-getestet" verbietet. "Wir werden bei einem solchen Fall nicht einschreiten, das wäre keineswegs verbrauchernah", sagte Pressereferant Michael Wehran. Die Bedenken der Anstalt, die Angabe "BSE-getestet" infolge der nunmehr gesetzlich vorgeschriebenen BSE-Tests sei wettbewerbswidrig, könne er nicht nachvollziehen.

"Der Bürger ist so mündig, dass er weiß, dass BSE-getestet nicht gleich BSE-frei bedeutet." Nach Auskunft von Stefan Taxis, einem der Sprecher des Landwirtschaftsministeriums, sei die Angabe "BSE-getestet" ab Anfang nächsten Jahres überflüssig, wenn in Deutschland verkauftes Fleisch Angaben zu Geburtsort, Aufzucht, Schlacht- und Zerlegebetrieb tragen muss: Ein in Deutschland aufgezogenes Tier - allerdings nur über 30 Monate - muss getestet werden.

"In Zeiten, in denen jetzt über Umwege aus Holland importiertes, nicht getestetes Rindfleisch neben unserem getesteten liegt, sehen wir die Etikettierung als notwendigen Verbraucherschutz", sagte Rolf Heidenberger, Geschäftsführer der Fleischwerke "Edeka Nord" mit 700 Filialen unter anderem auch im Norden Brandenburgs, auf Anfrage. Erst würden die Tests staatlich vorgeschrieben, und dann dürfe man dem Verbraucher das Ergebnis nicht mitteilen, kritisierte Heidenberger. "Ich weiß, wir machen uns strafbar, aber wir werden der Weisung nicht folgen." Auch aus der Verbraucherzentrale Hamburg habe das Unternehmen Rückendeckung bekommen. Ähnliche Diskussionen wird es in Berlin nicht geben, so lange sich das Bundesministerium nicht einschaltet. Nach Auskunft der Fleischerinnung habe man über eine derartige Plakatierung gesprochen, sich aber auch noch auf kein einheitliches Ergebnis geeinigt, sagte Alexander Kraus, Geschäftsführer der Fleischerinnung Berlin mit rund 100 Mitgliedern. Wie viele Betriebe schon explizit auf den Verkauf von getestetem Fleisch hinweisen, konnte Kraus nicht sagen. Das Thema sollte auf einer Versammlung gestern Abend besprochen werden. Kraus weiß noch von keinem Fleischerladen, der im Zuge der BSE-Krise in Berlin Konkurs gegangen sei. Vielmehr sieht er den Lebensmittelskandal als Chance für kleine Handwerksbetriebe, in denen die Schlachttiere noch persönlich ausgesucht werden. "Vielleicht begreifen die Leute jetzt auch, dass es nicht nur darum gehen kann, billig einzukaufen."

Im ILAT erwartete man gestern Nachmittag unterdessen drei weitere Hirnproben von am Mittwoch in Berlin geschlachteten Tieren. Die Ergebnisse werden vermutlich heute feststehen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false