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Berlin: BSE: Wer kein Schwein hat, muss zahlen

Was sollen wir jetzt überhaupt noch kochen? Glaubt man der erregten Boulevardpresse, so bricht wegen der BSE-Enthüllungen in Deutschlands Küchen Panik aus, und nicht wenige Beinahe-Vegetarier werden sich jetzt endgültig auf die pflanzliche Seite schlagen.

Was sollen wir jetzt überhaupt noch kochen? Glaubt man der erregten Boulevardpresse, so bricht wegen der BSE-Enthüllungen in Deutschlands Küchen Panik aus, und nicht wenige Beinahe-Vegetarier werden sich jetzt endgültig auf die pflanzliche Seite schlagen. Doch auch weniger radikale Esser kommen ins Grübeln und beschließen, auf Rindfleisch komplett zu verzichten und auf Lamm wegen der ungeklärten Übertragungsmöglichkeiten gleich mit.

Was dann? Vor allem für den ängstlichen Anhänger der deutschen Küche ist der Rinderwahn einfach Wahnsinn. Keine Roulade mehr, kein Falscher Hase, kein Sauerbraten, keine Königsberger Klopse - und was wird aus dem vielgeliebten Wiener Schnitzel, der Kanzlerspeise schlechthin? Nimmt man die klassischen Rezepte, muss all das vom Speisezettel verschwinden. Doch es gibt mehr Alternativen, als es den Anschein hat. Eine ist das Schwein, das im "Schnitzel Wiener Art" das echte Kalbsschnitzel sowieso verdrängt hat. Auch Hackfleischgerichte, die bislang überwiegend aus gemischtem Hack zubereitet werden, lassen sich ohne Mehrkosten aus reinem Schwein machen und Rouladen mit jeder nur erdenklichen Füllung sowieso. Ebenso gut geeignet als Ersatz für Kalbfleisch sind Pute oder Huhn, die allerdings sorgfältiger behandelt werden müssen und durch zu heißes oder zu langes Garen schnell trocken werden. Der Ersatz für die großen Bratenstücke wird teurer: Sauerbraten beispielsweise lässt sich hervorragend aus Hirsch oder Wildschwein zubereiten, und auch die klassischen Rinder-Schmortöpfe gewinnen durch Reh, Hirsch oder Wildschwein sehr an Geschmack. Carpaccio? Lieber nicht.

Bei fast allen traditionellen Zubereitungen ist es nicht nötig, Fleischfond hinzuzufügen. Auch Brühwürfel können ersatzlos gestrichen werden - wer weiß schon wirklich, was da drin steckt? Wahre Hobbyköche werden sich freilich nur ungern vom klassischen Kalbsfond verabschieden, der allen dunklen Sauce die profihafte Tiefe gibt. Doch Kolja Kleeberg vom "Vau" hat gestern hier schon die Richtung vorgegeben: Geflügelknochen, vor allem Hühnerknochen, sind ein guter Ersatz. Kleingehackt, sorgfältig angeröstet und langsam gekocht liefern sie ein Konzentrat, das Saucen kaum schlechter veredelt als der bedenkliche Sud aus Kalbsknochen. Jedenfalls, bis der Hühnerwahnsinn kommt. Und dann bleiben ja immer noch die mediterranen Fischgerichte.

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