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Berlin: Bühnenstrukturreform: Zu den Problemen nur Schweigen

Wo nimmt Christoph Stölzl nur seine nie versiegende gute Laune her? Mit dem Leitspruch "Den Fröhlichen gehört die Zukunft" trat er vor 200 Tagen das Amt des Berliner Kultursenators an - und die positive Grundhaltung hat ihn bis jetzt nicht verlassen.

Wo nimmt Christoph Stölzl nur seine nie versiegende gute Laune her? Mit dem Leitspruch "Den Fröhlichen gehört die Zukunft" trat er vor 200 Tagen das Amt des Berliner Kultursenators an - und die positive Grundhaltung hat ihn bis jetzt nicht verlassen. Dabei hätte er allen Grund zum Verzweifeln. In einer von der SPD-Fraktion beantragten aktuellen Stunde im Abgeordnetenhaus schwiegen gestern die Redner der großen Koalition zum Kernproblem seiner umstrittenen Bühnenstrukturreform. Alle Bemühungen, die Berliner Theater und Opern fit für die Zukunft zu machen, könnten nur dann Erfolg haben, wenn der Senat künftig die jährlichen Tarifsteigerungen wieder übernimmt. Seit 1995 weigert sich die große Koalition, die Mehrkosten für die Personalausgaben der Kulturinstitutionen zu übernehmen. Ebensowenig äußerten sich die Vertreter von CDU und SPD zu Stölzls Forderung, den Häusern ihre in den letzten Jahren aufgelaufenen Defizite zu erlassen, damit sie ohne Altlasten den Prozess der Rechtsformänderung beschreiten können.

Während der kulturpolitische Sprecher der CDU, Uwe Lehmann-Brauns, zunächst davon schwärmte, wie üppig die Mittel zu Zeiten der Trennung Berlins flossen und dann die Opposition ermahnte, angesichts der aktuellen Sparzwänge ihre "fundamentalistischen Aufwallungen" zu unterdrücken, beschwor der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Wowereit einerseits die internationale Konkurrenzfähigkeit der Kulturmetropole Berlin und betonte anderereits, jede Strukturreform müsse "wehtun".

Christoph Stölzl begann seine Rede mit einem Loblied auf die blühenden hauptstädtischen Kulturlandschaften, wucherte mit positiven Statistikzahlen (die Pro-Kopf-Ausgaben für Kultur lägen in Berlin doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt). Die Aufregung, die sein Umstrukturierungspapier hervorgerufen hat, begrüßte der Senator ausdrücklich: "Ich ehre jeden Künstler, der sich Sorgen macht um die Kunst." Befürchtungen, die Fusion von Deutscher Oper und Staatsoper könne zu Ungunsten des baulich maroden Hauses Unter den Linden ausgehen, bezeichnete er als "puren Unsinn". Gleichzeitig machte er aber auch klar, dass vom Bund keine Mark über die 100-Millionen aus dem Hauptstadtkulturvertrag zu erwarten seien. Er habe viele Stunden damit verbracht, die Seele von Kulturstaatsminister Naumann zu ergründen und habe dabei feststellen müssen, dass dieser nicht bereit sei, die Staatsoper in seine finanzielle Obhut zu übernehmen.

Einzig Alice Ströver von den Grünen fragte in der durchaus leidenschaftliche geführten Debatte mehrfach nach der Haltung des Senats zum Tarifausgleich - und forderte dann Stölzls auf, sein "herzloses Bürokratenpapier" in den Papierkorb zu werfen. Nur in einem gemeinsamen Diskussionsprozess von Experten, Betroffenen und Politikern von Bund und Land lasse sich ein "substanzielles Konzept" finden.

Einig waren sich alle Parteien, dass der Senator so schnell wie möglich die Namen möglicher künstlerischer Leiter der neuen Doppeloper nennen müsse. Noch länger könne man Staatsopern-Chef Daniel Barenboim nicht hinhalten. Barenboim-Fan Eberhard Diepgen ließ sich während der aktuellen Stunde übrigens nicht blicken.

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