zum Hauptinhalt

Berlin: Bürgermeisterin und Senatorin Christa Thoben wird kurzgehalten

Die Neue und der Machtinstinkt von Eberhard Diepgen: Sie hat noch nicht einmal ein Bürgermeister-BüroBrigitte Grunert Es gibt eine merkwürdige Tradition in der Berliner Politik, die bis in tiefste Mauerzeiten zurückreicht. Einerseits sind Zugereiste im Senat hochwillkommen.

Die Neue und der Machtinstinkt von Eberhard Diepgen: Sie hat noch nicht einmal ein Bürgermeister-BüroBrigitte Grunert

Es gibt eine merkwürdige Tradition in der Berliner Politik, die bis in tiefste Mauerzeiten zurückreicht. Einerseits sind Zugereiste im Senat hochwillkommen. Jeder Regierende Bürgermeister, jede Regierungspartei hat Wert auf neue Gesichter von draußen gelegt und sie als Gewinn für die weltläufige Stadt gefeiert. Andererseits wurden die Stars bald eifersüchtig und misstrauisch als Konkurrenten beäugt. Den waschechten Berlinern fiel ein, dass sie auch noch da sind und ihnen "keener kann", weil sie die Stadt schließlich am besten kennen. Bekommt auch Christa Thoben (CDU), das einzige Frischblut im Senat, diese Ambivalenz zu spüren?

Eberhard Diepgen hat einen ausgeprägten Instinkt für die Machtsicherung. Das kann man selbst an vermeintlichen Kleinigkeiten beobachten. Die Bürgermeisterin und Senatorin für Wissenschaft, Forschung und Kultur erhielt vom Regierenden noch keine Gelegenheit zu einem wirklich wichtigen Repräsentationstermin. Nach 100 Amtstagen hat sie noch nicht einmal ein Bürgermeister-Büro im Roten Rathaus. Sie sagt nichts dazu. Natürlich wird auch Bürgermeister Klaus Böger (SPD, Schulsenator) kurz gehalten. Er möchte sich so gerne in dieser Rolle profilieren und demonstriert es, indem er sich öfter in seinem Rathaus-Büro aufhält.

Christa Thoben kommt aus Nordrhein-Westfalen. Sie kennt die große weite Bundeswelt als Staatssekretärin des früheren Bundesbauministers Töpfer. Ihre Parteistimme hat ebenfalls bundesweit Gewicht, denn sie ist gewähltes Mitglied im CDU-Präsidium, wo Eberhard Diepgen bisher nur qua Amt sitzt. Sie will auf dem Bundesparteitag wieder für das Präsidium kandidieren, Diepgen diesmal auch. Man hat sich arrangiert. Sie habe die Unterstützung des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen, und Diepgen habe ihr zugesagt, dass die CDU Berlin sie vorschlagen werde, sagt sie. Das ist ritterlich und kostet auch nichts. Wer die Nase vorn hat, ist bei diesem Parteitag schwer vorauszusagen. Manche behaupten, Diepgen habe sich nach langem Schweigen in die CDU-Krise eingeschaltet, weil Frau Thoben kein Blatt vor den Mund genommen hat.

Ob sie sich als Senatorin ausreichend unterstützt fühlt, kann sie "noch nicht so genau sortieren". Der erste Konflikt mit Diepgen im Zusammenhang mit dem Personalabbau an der Charité soll unter Kontrolle bleiben. Frau Thoben ist im Gegensatz zu Diepgen für betriebsbedingte Kündigungen. Das heißt, sie ist nicht dafür, sondern "gegen den Ausschluss" derselben. Warum? "Der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen verhindert den Zugang zu Arbeitsfördermitteln, an die wir herankommen müssen." Nun hat der Senat am Dienstag gerade auf Veranlassung Diepgens diesen Verzicht wieder bekräftigt. Sie konnte nicht widersprechen, denn Diepgen verpackte dies in der Tatsachenfeststellung, dass die Charité unter den Beschäftigungssicherungsvertrag mit der ÖTV fällt.

Es gab schon viele importierte Perlen im Senat, die für allzu gutes Kehren mit neuen Besen bestraft wurden. Der fachlich versierte Wissenschaftssenator Manfred Erhard (CDU) hielt es nur vier Jahre bis Anfang 1996 aus. Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) kehrte 1997 in den Senat ihrer Heimatstadt Hamburg zurück. Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) kam Diepgen in die CDU-Quere und wanderte 1998 nach Brandenburg aus, wo er sich entfalten konnte. Das Schicksal der aus Hessen geholten Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) ist in frischester Erinnerung. Konsequent wurde sie vier Jahre von der CDU geärgert, am Ende von der SPD fallen gelassen. Selbst einem Richard von Weizsäcker, dem die CDU 1981 ihren Durchbruch zur bestimmenden Senatsmacht zu verdanken hatte, wurden Grenzen gesetzt. Die Union glänzte mit ihm, er durfte auch ihr Parteichef sein. Aber es war die Zeit, in der die CDU zugleich einen Geschäftsführenden Landesvorsitzenden hatte - Eberhard Diepgen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false