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Berlin: Bürgerstiftungen: Eine Berliner Diskussion

Harmonie herrschte auf dem Podium der Veranstaltung "Mit dem Erbe stiften gehen? Bürgerstiftungen stärken die Zivilgesellschaft", die die Friedrich-Ebert-Stiftung in ihrem neu errichteten Berliner Domizil ausrichtete.

Harmonie herrschte auf dem Podium der Veranstaltung "Mit dem Erbe stiften gehen? Bürgerstiftungen stärken die Zivilgesellschaft", die die Friedrich-Ebert-Stiftung in ihrem neu errichteten Berliner Domizil ausrichtete. Vertreter von vier deutschen community foundations - wie die amerikanische Bezeichnung dieser vor achtzig Jahren in Cleveland "erfundenen" Stiftungsform lautet - unterhielten sich, verstärkt durch Christoph Mecking, den Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, unter Moderation von Olaf Zimmermann vom Deutschen Kulturrat. Es ging also nicht ums Warum, sondern allein ums Wie.

Bürgerstiftungen tun und fördern Dinge, die dem Gemeinwohl dienen und das Miteinander in der Kommune stärken. So wusste Christian von Hammerstein, Vorstandsvorsitzender der Bürgerstiftung Berlin, von einem Hellersdorfer Projekt zu berichten, dem es mit vergleichsweise geringem Aufwand gelingt, notorische Schulschwänzer durch individuelle Betreuung wieder an die Schule heranzuführen. Marianne Tidick (Hamburg), als Ex-Ministerin in Schleswig-Holstein die hörbar geübteste der Diskutanten, gab die schöne englische Losung aus, change instead of charity. Dem haben sich alle Bürgerstiftungen verschrieben; sie wollen nicht als "Ersatzkasse" auftreten oder als "Reparaturbetrieb", sondern eigene Vorhaben verwirklichen. Die Hamburger Bürgerstiftung wirbt denn auch unter dem Slogan "Wir brauchen Ihre Ideen, Ihre Zeit und Ihr Geld". Die Reihenfolge ist bezeichnend. Mehr und mehr werden "Zeitstifter" gesucht, Menschen mit Fähigkeiten und Erfahrungen, die Ideen umsetzen können. Geld benötigen die Stiftungen naturgemäß zum Aufbau eines Stiftungsvermögens - das gesetzliche Minimum beträgt 100 000 Mark -, aus dessen Erträgen die Projekte finanziert werden. Mehr und mehr aber nehmen Bürgerstiftungen den Charakter eines Dienstleisters an, der unselbstständige, zweckgebundene Stiftungen unter seinem Dach versammelt. So steigt der Anreiz zum Stiften - denn der Verwaltungsaufwand erscheint Stiftungswilligen mit bescheideneren Möglichkeiten oft zu hoch.

Über die gesetzlichen Rahmenbedingungen wurde erfreulich wenig gejammert, sie haben sich ja mit der Reform des Stiftungssteuerrechts spürbar gebessert. Jetzt steht die Novellierung des Stiftungsprivatrechts an, insbesondere des überbürokratisierten Errichtungsverfahrens. Ein ungelöstes Problem ist die Unübersichtlichkeit des Gemeinnützigkeitssteuerrechts, das allerlei Zwecke gestattet, die eher in den Bereich der Freizeitgestaltung hinüberreichen.

Angesprochen, aber nicht diskutiert wurde in der Ebert-Stiftung die Abgrenzung von Bürgerstiftung, Verein und Bürgerinitiative. Die Grenzen sind durchaus fließender, als es die strenge Definition der Stiftung als einer auf Kapital gegründeten und auf Dauer gestellten Einrichtung nahe legt. Der Wunsch nach Engagement ist die gemeinsame Triebfeder. Allen gemeinsam ist das skeptische Verhältnis zum Staat, hier den Kommunen.

Die "Wiederentdeckung der Subsidiarität", für die die Bürgerstiftungen ein Anzeichen sind, stellt die Frage nach den Grenzen sinnvoller Staatstätigkeit. Können und wollen Bürgerstiftungen einen nennenswerten Teil "entstaatlichter" Aufgaben übernehmen? Das wäre eine breiter angelegten Diskussion wert.

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