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Bürogebäude am Ernst-Reuter-Platz: Nur Scharia-konforme Geschäfte erlaubt

Kein Schweinefleisch, kein Alkohol: Ein arabischer Investor lässt in seinem Bürohaus nur Mieter zu, die Scharia-konforme Geschäfte betreiben. Nach deutschem Mietrecht ist das möglich.

Im Bürogebäude am Ernst-Reuter-Platz 2 wird man auf absehbare Zeit weder Alkohol, Schweinefleisch noch Massenvernichtungswaffen kaufen können. Der Eigentümer schließt das per Vertrag aus. Mietinteressenten wird auf Geheiß des arabischen Investors ein „Scharia-konformer“ Mustermietvertrag vorgelegt, wie das zuständige Maklerbüro dem Tagesspiegel bestätigte. Nach deutschen Mietrecht ist das möglich. Kritiker sehen in dem Vertrag aber das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verletzt.

Nach dem religiös legitimierten islamischen Recht Scharia ist es unter anderem verboten, Schweinefleisch zu verzehren oder damit zu handeln. Auch das gläubigen Muslimen verbotene zinsbasierte Bankgeschäft schließt der Eigentümer mit dem Mietvertrag aus. Der Berliner Rechtsanwalt und Experte für Gewerbemietrecht, Benjamin Raabe, wundert sich zwar etwas über die Klausel, hält sie aber für zulässig. „Sie können bestimmte Geschäfte ohne Begründung ablehnen.“

Grundsätzlich dürfe man bei Gewerbemietverträgen alles mögliche festlegen, während eine solche Klausel bei einer Wohnraummiete diskriminierend und damit unzulässig wäre, erklärt auch Markus Thoma vom zuständigen Referat der Industrie und Handelskammer (IHK) Berlin. Doch auch die Vertragsfreiheit finde ihre Grenzen in Paragraf 19 des AGG. Demnach dürfen Verträge Personen nicht aufgrund ihrer Religion oder ethnischen Herkunft benachteiligen. „Es müsste geprüft werden, inwieweit das hier der Fall ist.“ Beschwerden habe es bei der IHK aber noch nicht gegeben. Das Problem sei völlig neu. Auch bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gibt es laut Pressesprecher Jens Büttner deutschlandweit keine einzige Beschwerde deswegen.

Einmalig ist der Vorfall dennoch nicht. Auch die katholische Kirche arbeitet mit vergleichbaren Klauseln. So wurde einer Filiale des Drogeriemarktes Schlecker in einer kirchlichen Immobilie in Fulda aus religiösen Gründen der Verkauf von Kondomen untersagt. „Man sollte das nicht skandalisieren“, meint Stefan Förner, Sprecher des Erzbistums Berlin. Ein Anzeichen für Islamisierung sei auch der Scharia-konforme Vertrag nicht. In der Tat stehen die jetzigen Mieter, ein Büro für Eventmanagement und ein deutscher Bauunternehmer, nicht im Verdacht, christliche Werte zu untergraben. Weitere Forderungen des Mietvertrages, der auch das Betreiben von Bordellen und Spielhallen unterbindet, sind auch hierzulande üblich. Sidney Gennies

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