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Berlin: Bundesgrenzschutz: Beamte halten Touristen fest

Ausländer mit dunkler Hautfarbe müssen anscheinend besonders markante Merkmale an ihrem Gesicht haben, damit ihnen nicht das widerfährt, was Stanley C. in diesen Tagen erlebt.

Ausländer mit dunkler Hautfarbe müssen anscheinend besonders markante Merkmale an ihrem Gesicht haben, damit ihnen nicht das widerfährt, was Stanley C. in diesen Tagen erlebt. Dem 22-jährigen Mann aus Nigeria, der eine gültige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für Spanien besitzt, nahmen Beamte des Bundesgrenzschutzes in Tegel vor etwa drei Wochen den Pass ab, weil sie keine Ähnlichkeit zwischen dem Passfoto und dem Reisenden erkennen konnten. Einen entsprechenden Hinweis hatten die Beamten von Mitarbeitern einer privaten Servicefirma bekommen, die für die Fluggesellschaft Air Berlin arbeitet, denn Grenzkontrollen gibt es seit Gültigkeit des Schengener Abkommens bei Reisen innerhalb der EU nicht mehr.

Berlins Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) hat dieses Verhalten als "skandalös" bezeichnet. "Es geht doch nicht, dass man jemandem aufgrund eines Verdachtes den Pass abnimmt und ihn drei Wochen lang seinem Schicksal überlässt", sagte sie dem Tagesspiegel. Es müsse innerhalb der EU möglich sein, innerhalb von wenigen Stunden die Identität von Nicht-EU-Ausländern zu überprüfen, die legal in einem EU-Land leben, damit ehrlichen Menschen diese Strapazen erspart blieben. Sie werde sich an den Innenminister wenden, um das langwierige Verfahren mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu ändern.

Stanley C. hatte nach einem achttägigen Besuch bei Freunden in Berlin eigentlich nur an seinen Wohnort in Almeria in Südspanien zurückkehren wollen. Daran wurde er vom Bundesgrenzschutz gehindert. Kurioserweise hat die Ausländerbehörde keinen Zweifel daran, dass das Foto in dem Pass tatsächlich Stanley C. zeigt. Eine Rückfrage des Ausländeramtes beim Deutschen Konsulat in Malaga ergab zudem, dass der Mann in Almeria gemeldet ist und dort arbeitet.

Barbara John geht davon aus, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt. "Wenn der Mann in Abschiebehaft gekommen wäre, hätte ich nichts davon erfahren", sagt sie. Denn in der Regel werden Ausländer an der Grenze festgenommen und an die Ausländerbehörde übergeben, die den Reisenden dann in Abschiebehaft nimmt, wenn etwas mit dem Pass nicht stimmt. Die wochenlange Haft blieb Stanley C. aber erspart, weil die Ausländerbehörde keinen Zweifel an seiner Identität hat.

Der Bundesgrenzschutz wies Johns Kritik zurück. Dort spricht man von einem "kuriosen Einzelfall". Der häufigste Grund für Festnahmen an der Grenze seien gefälschte Verlängerungen von Visa. "Wir können die Leute nicht einfach ausreisen lassen, weil wir Verpflichtungen gegenüber den Staaten des Schengener Abkommens haben", sagte ein Sprecher. Aufgrund der Vielzahl dieser Fälle dauerten Überprüfungen nun einmal lange. Auch ein Polaroidfoto von Stanley C. habe den Beamten keine Gewissheit gebracht.

Der Mann hatte sich vor einigen Tagen hilfesuchend an die Ausländerbehörde gewandt. Weil ihm dort niemand helfen konnten, drückten ihm die Mitarbeiter einen Zettel mit der Adresse und der Telefonnummer der Ausländerbeauftragten in die Hand, die er am Freitagnachmittag aufsuchte. Seit Montagnachmittag beschäftigt sich auch ein Staatsanwalt mit dem Fall (Az.: 53 Js 1795/01).

Für Stanley C. wird die Episode wohl am heutigen Mittwoch ihr vorläufiges Ende finden - er darf ausreisen. Erst gestern war die Ausländerbehörde nach einer Intervention von Barbara John bereit, ihm ein Reisedokument auszustellen, damit er nach Spanien ausreisen kann. Sein Ticket ist mittlerweile ungültig, Air Berlin hat ihm aber einen Rückflug für heute um 6 Uhr organisiert. Stanley C. telefonierte in den letzten Tagen täglich mit seinem spanischen Arbeitgeber, um seine Arbeit nicht zu verlieren. Ob er klagen will, falls sich das Verhalten der Beamten als unrechtmäßig erweist, ist unklar.

Suzan Gülfirat

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