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Für Werder-Fans gab es in letzter Zeit wenige schöne Momente.

© dpa

Bundesligakolumne: Europapokal-Fantasien, die im Moor versinken

Ach ja, Werder Bremen. Wenn ich irgendwem vorsichtig gestehe, dass ich Fan bin, dann werde ich immer erst einmal belächelt und es kommt ein Spruch wie: „Bremen, ja 2004, da waren sie ja richtig stark! Aber jetzt?“ oder „Die sind noch in der ersten Liga?“.

Ja, sie sind noch in der ersten Liga. Und wenn es nach mir ginge, würden sie dort auch noch ein Weilchen bleiben. Bloß scheint der Fußballgott leider anderer Meinung zu sein: Werder Bremen machte den Fans mit dem schlechtesten Bundesligastart seit 44 Jahren nicht wirklich Hoffnung auf eine gute Saison. Dabei ist die doch mal wieder überfällig. Seit Jahren dümpeln die Hanseaten in Gefilden rum, die nichts mehr mit der Nordsee zu tun haben, sondern eher einer Moor-Landschaft gleichen. Sie kämpfen dagegen an abzusinken, schaffen es aber nicht. Leider gibt diese Analogie auch vor, dass sie irgendwann untergehen – und nie wieder auftauchen.

Jede Saison aufs Neue haben die Fans wieder Hoffnung, weil Bremen einen neuen Spieler oder Trainer verpflichtete oder es gab eine gute Vorbereitung. Jedes Mal landete Werder wieder auf einem Platz, der den Abstiegsrängen gefährlich nahe lag. Auch diese Saison. Die Verpflichtung von Spielern wie Hajrovic und Galvez und ein 3:0 Sieg gegen Chelsea in der Vorbereitung beflügelte Europa-Pokal Fantasien der Fans, zugegeben, auch bei mir. Der Saisonstart allerdings brachte mich schnell in die Realität zurück. Zu groß waren die haarsträubenden Fehler.

Nur mit Unentschieden kommt man nicht weit

Wer nach sechs Spieltagen eine Tordifferenz von 9:15 hat und dazu noch auf dem 17. Tabellenplatz steht, der hat echt Probleme. Bei Werder Bremen beschränkt sich das vor allem auf die Abwehr. In den ersten drei Spielen bekamen die Hanseaten schon in der ersten Halbzeit das 0:1 und mussten dann den Rest der Zeit dem Rückstand hinterherrennen.

Das wiederum taten sie mit Bravour. Dreimal schossen sie noch den Ausgleich. Die Moral stimmt also. Doch nur mit Unentschieden kommt man nicht weit und da man in den weiteren drei Spielen verlor, müssen die Fans nun wieder bangen.

Die Abwehr war schon immer das Problem der Werderaner. Vor der Saison kam Alejandro Gálvez, um dieses Problem zu lösen. Doch auch wenn er ordentlich spielte, machte die restliche Verteidigung haarsträubende Fehler. Das liegt unter anderem daran, dass die Abwehrspieler entweder zu langsam sind oder ein grottiges Stellungsspiel haben. So entsteht eine Unordnung, die in der Bundesliga eiskalt bestraft wird. Es sind meist unnötige Kontertore nach vermeidbaren Ballverlusten, die Werder dann erstmal wieder aufholen muss. Dafür müssen sie mehr Risiken eingehen – die wiederum meistens zu Gegentoren führen.

Außerdem fehlt die Konstanz. Werder kann in einem Spiel groß aufspielen – und dann im nächsten komplett untergehen. Sogar innerhalb eines Spiels gibt es meistens eine gute Halbzeit und eine, in der sie die Punkte bereitwillig verschenken.

In Wolfsburg holte sich Werder wieder in der ersten Hälfte ein 0:1 ab, schoss dann aber den Ausgleich durch den jungen Marnon Busch. Doch sich für ihre Arbeit zu belohnen zählt schon seit längerer Zeit nicht mehr zu Werders Stärken und so musste man tatenlos mit zusehen, wie Wolfsburg das 2:1 erzielte und dann die Partie locker herunterspielte. Damit steht Bremen jetzt auf dem vorletzten Tabellenplatz – und kann morgen sogar noch von Rivale Hamburg mit überholt werden. Es winkt die rote Laterne und langsam schwant mir eine Saison á la Tasmania Berlin. Ich habe Angst.

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David Fresen

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