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Klaus Wowereit gratuliert dem Bundespräsidenten. Der wurde nicht wegen seines Amtes Ehrenbürger, sondern wegen früherer Verdienste als DDR-Bürgerrechtler.

© dpa

Bundespräsident wird Ehrenbürger: Berlin sagt du zu Joachim Gauck

Mit einer Feierstunde im Roten Rathaus ist Joachim Gauck zum Ehrenbürger der Stadt ernannt worden. Nur die Linkspartei kam nicht.

Die kleinen Gesten sind Joachim Gaucks Spezialität. Bevor der frisch ernannte Berliner Ehrenbürger sich also daranmacht, die Stadt generell zu preisen, wendet er sich an die drei Musiker, die der Festgesellschaft ein Dvorak-Klaviertrio vorgespielt haben und rühmt, indirekt, doch wieder Berlin: Die Stadt sei „voll von jungen Musikern, die wahnsinnig gut musizieren“, das sei doch eine Freude.

Der Bundespräsident als Ehrenbürger – ganz normal. Doch die hohe Auszeichnung gilt nicht seinem Amt, sondern seinen Verdiensten als Mitglied der Bürgerbewegung, die die DDR zu Fall brachte, als Abgeordneter der letzten Volkskammer und Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde, oder, wie Klaus Wowereit in seiner Laudatio formuliert, sie gilt „einer Persönlichkeit, die die Freiheit zu ihrem Lebensthema gemacht hat“, deren Glücksempfinden ansteckend sei. Dann kommt er aber doch auf den „Bürgerpräsidenten“ zu sprechen, der offen auf die Menschen zugehe, dabei auch selbst ausgeprägten bürgerlichen Widerspruchsgeist verströme, was nicht bequem, aber gesellschaftlich wichtig sei: „Sie werden sich nicht ändern“ sagt er, „und bitte bleiben Sie so, wie Sie sind.“

Berlin: Stadt der Freuden und Schmerzen für Politikinteressierte

Nach dem Dvorak tritt Gauck ans Podium und zeigt seine Kunst, eine in wesentlichen Teilen festgeschriebene Rede wie eine spontane Erzählung wirken zu lassen. „Danke, Berlin!“ sagt er und droht dann, in seinem Manuskript stünden mehrere Stichpunkte, „und das ist immer gefährlich“. Doch die kleine Tour durch sein Berlin dauert nur kurzweilige 20 Minuten. Gauck beginnt mit Erinnerungen an Ost-Berlin, das in der Rest-DDR wegen seiner vielen Kommunisten immer als „Stadt der Beknackten“ gegolten habe, berichtet dann, wie er kurz vor dem Mauerbau vom Osten fast nach Charlottenburg gezogen wäre und schildert die weitere Annäherung des gebürtigen Rostockers an die „Stadt, die die Freuden und Schmerzen jedes Menschen widerspiegelt, der sich für Politik interessiert“ – und da sei es doch schön, „wenn die Stadt zu einem solchen Menschen du sagt.“

Die Linkspartei ist nicht gekommen

Zum Lobe der Hauptstadt flüchtet Gauck schließlich in ein sperriges Wort, spricht von der „Ermöglichungsstruktur“ der Stadt, die „ungeheuer“ sei. Er sage das, betont er, als „Hardcore-Mecklenburger“, aber: „Wenn ich hier wegziehen müsste, oh, oh ...“ Schließlich biegt er ganz in die Gegenwart ein: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Stadt jemals perfekt sein wird, und ich weiß auch nicht, ob ich mir das überhaupt vorstellen soll“, sagt er – und ist damit bei Klaus Wowereit angekommen, dem er generös bescheinigt, er habe die Stadt in 13 Jahren Arbeit zu einem Ort gemacht, „an dem die Menschen gern sein wollen“, habe einen Wandel moderiert und vorangetrieben, der seinesgleichen suche. Das gibt dann sogar Extra-Beifall im Saal, wo zahlreiche frühere und heutige Parlamentarier und viele Ex-Senatoren sitzen. Eine Gruppe blieb unsichtbar: Die Linkspartei ist nicht gekommen.

Das aber kommt nicht zur Sprache. So biegt Gauck ohne Misstöne in die Schlussrunde seiner Laudatio auf Berlin ein und verspricht, er werde der Stadt dienen, wo er könne. Dann lauscht er neben seiner Lebensgefährtin entspannt der jazzig-salonesken Schlussmusik. Und taucht schließlich, protokollarisch akkurat, als Letzter zum Schlussempfang auf.

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