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Berlin: Bundestags-Vize und Senat für Bannmeile - SPD und Grüne aber gegen eine Regelung wie in Bonn

Der Marsch von 700 Rechtsextremisten durch das Brandenburger Tor hat gestern auch den Senat beschäftigt. Die einzige Möglichkeit, solche "falschen Signale" zu verhindern, sei eine bundesgesetzliche Bannmeile, die das Brandenburger Tor und den Pariser Platz einschließe, erklärte Senatssprecher Michael-Andreas Butz.

Der Marsch von 700 Rechtsextremisten durch das Brandenburger Tor hat gestern auch den Senat beschäftigt. Die einzige Möglichkeit, solche "falschen Signale" zu verhindern, sei eine bundesgesetzliche Bannmeile, die das Brandenburger Tor und den Pariser Platz einschließe, erklärte Senatssprecher Michael-Andreas Butz. Über die Aufhebung der Bannmeile und damit die Zulassung einer Demonstration würde dann der Bundestagspräsident im Benehmen mit dem Bundesinnenminister entscheiden. Verletzungen der Bannmeile wären Vergehen. Bisher gibt es um den Reichstag nur einen befriedeten Raum für Sitzungswochen; Verletzungen gelten als Ordnungswidrigkeiten.

In der Debatte um das Demonstrationsrecht hat auch Bundestagsvizepräsident Rudolf Seiters (CDU) gefordert, die bislang in Bonn praktizierte Bannmeile auf Berlin zu übertragen. Nach den Vorgängen vom Sonnabend sagte Seiters gestern: "Hier wird die Visitenkarte des neuen Berlins missbraucht und unsere Demokratie in Misskredit gebracht." Seiters schlug vor, die Regelung über den befriedeten Bereich bereits vor ihrem Auslaufen im Jahr 2003 zu überprüfen und durch die klassische Bannmeile zu ersetzen. Darin wäre auch das Brandenburger Tor enthalten. Der befriedete Bereich ist kleiner, umfasst nicht das Tor und erlaubt Demonstrationen außerhalb der Sitzungswochen des Parlaments.

Der erneute Vorstoß eines CDU-Politikers stellt allerdings nach wie vor eine Minderheitenmeinung dar. Sowohl die SPD als auch die Grünen und die PDS halten die bestehende Regelung für ausreichend. Der Bundestag hatte sich erst kurz vor dem Umzug nach Berlin im vergangenen Sommer auf den befriedeten Bereich geeinigt. "Symbole wie das Brandenburger Tor sind von nicht zu unterschätzender Bedeutung für Rechtsradikale. Das kann aber nicht bedeuten, dass die Exekutive und Gerichtsbarkeit dazu aufgerufen sind, das zu unterbinden", sagte gestern der Innenexperte der SPD im Bundestag, Wilfried Penner.

Für Berlins Innensenator Eckart Werthebach (ebenfalls CDU) ist eine neue Bannmeilenregelung allerdings nur der zweitbeste Weg. Werthebach sagte, er wolle am liebsten alle Möglichkeiten des Versammlungsrechts ausschöpfen oder aber Paragraph 15 des Gesetzes ändern. Dieser Paragraph regelt die Möglichkeiten zu Auflagen oder Verboten (siehe nebenstehenden Text). Da das Versammlungsrecht allerdings ein Bundesgesetz ist, müsste eine Mehrheit der Länder im Bundesrat einer Änderung zustimmen. Um die Chancen dafür auszuloten, hat Berlin sämtliche Bundesländer um einen Erfahrungsbericht gebeten. Ergebnisse will Werthebach morgen vorlegen.

Ende Februar will die Innenverwaltung im Berliner Abgeordnetenhaus bei einer Anhörung mit Richtern und anderen Experten diskutieren. Sollte weder eine Änderung des Versammlungsrechts noch eine neue Bannmeilenregelung Aussicht auf Erfolg haben, kündigte der ehemalige Verfassungsschutz-Präsident an, regelmäßig Verbote von Veranstaltungen zu erlassen und diese "gegebenenfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht zu tragen".

Holger Stark

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