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Busunfall am Schönefelder Kreuz: Drama am Morgen: Notoperation auf der Autobahn

Verletzte irren umher, Feuerwehrkräfte weinen. Und Ärzte retten in Sanitätszelten Leben.

26. Juni 2009:

Beim Unfall eines polnischen Reisebusses auf der A 24 kommen zwei Insassen ums Leben, zehn Reisende werden verletzt. Der Bus war nahe Hamburg von der Fahrbahn abgekommen und in einen Graben gerast.



4. November 2008:
Auf der Heimfahrt von einem Ausflug gerät bei Hannover ein mit 39 Rentnern besetzter Bus in Brand. 20 Menschen sterben, zwölf werden verletzt. Ursache ist ein Kabelbrand in der Bordküche.

18. Juni 2007: Auf der A 14 in Sachsen-Anhalt kommen 13 Menschen ums Leben. Ihr Bus geriet von der Fahrbahn ab und fuhr in einen Graben.

21. Juli 2002: Ein unbesetzter Reisebus kracht auf der A 24 bei Kremmen ungebremst in einen Kleintransporter. Fünf Kinder und eine junge Frau sterben.

25. November 2002: Beim Frontalzusammenstoß zwischen einem Kleintransporter mit einem Reisebus auf der A 24 nach Hamburg werden vier Menschen getötet.

30. November 1999: Vier Kinder und der Fahrer sterben, als ein vollbesetzter Schulbus bei Altlandsberg gegen einen Baum fährt. Ha

Und dann weinten auch die Helfer. Mitten im Gespräch über den schweren Busunfall am Schönefelder Kreuz wird der Notfallseelsorger Klaus Scholz von der Feuerwehr hinter die Leitplanken gerufen. Dort sitzen mehrere Kameraden am Rande der Autobahn und verstecken ihr Gesicht hinter den Händen oder Schutzhelmen. Der Anblick der Toten im polnischen Reisebus hat sie aus dem Gleichgewicht geworfen. Denn der Aufprall der Fahrerseite auf mehrere der sechs Brückenpfeiler hat den an den Fenstern sitzenden Insassen keine Überlebenschance gelassen. Die Feuerwehrleute mussten Körperteile einander zuordnen, um eine spätere Identifizierung der 13 Toten überhaupt erst zu ermöglichen.

Klaus Scholz kommt erst nach einer ganzen Weile hinter den in einer langen Reihe stehenden Feuerwehrautos zurück. „Manchmal genügt ein einfaches Handauflegen oder ein tröstendes Wort“, erzählt der seit vielen Jahren als Notfallseelsorger im Auftrag des Landkreises Dahme-Spreewald arbeitende Mann. „Das habe ich genauso bei den polnischen Verletzten gemacht.“ Der Anblick des Unfallortes war „einfach nur schrecklich. Auf der Autobahn lagen drei Tote, die zusammen mit Dutzenden Gepäckstücken und Koffern aus dem Bus geschleudert worden waren“, erzählt er. „Mittendrin liefen stark traumatisierte Personen, die nach ihren Angehörigen Ausschau hielten oder einfach nur völlig die Nerven verloren hatten.“ Da habe es keine Rolle gespielt, dass er der polnischen Sprache nicht mächtig sei. „Tröstende Gesten sind in allen Ländern gleich.“

Schon eine halbe Stunde nach dem Unfall hat sich der Ort in ein Sanitätslager verwandelt. In drei warmen Zelten kämpfen Ärzte in Notoperationen um das Leben von Verletzten. Im Fünf-Minuten-Takt starten Rettungshubschrauber in die umliegenden Krankenhäuser.

Direkt gegenüber der Notarztzelte steht der stark verbeulte Mercedes der C-Klasse. Deren 37-jährige Fahrerin hat womöglich durch ihr zu schnelles Auffahren vom Autobahnzubringer Schönefeld auf den südlichen Berliner Ring den Bus zu dem verhängnisvollen Ausweichmanöver gezwungen, das so tragisch endete. Die Berlinerin liegt ebenso wie ihr Beifahrer, der auch als Halter des Fahrzeuges registriert ist, mit schweren Verletzungen im Krankenhaus. Die Polizei sucht nun dringend nach Zeugen des Unfalls.

Äußerlich ganz ruhig koordiniert der Einsatzleiter der Feuerwehr, Marko Behrens, die Arbeit seiner über 150 Männer aus Berlin und Brandenburg. Dazu kommt noch einmal die doppelte Anzahl an Polizisten, Notärzten und Sanitätshelfern. „Solche Anblicke vergisst man nicht“, erzählt der 35-Jährige, der kurz nach halb elf am Unglücksort eingetroffen war. „Die meisten Schwerverletzten mussten wir über die offenen Fenster bergen, weil sich die hintere Tür nicht öffnen ließ. Erst im zweiten Schritt wurde diese aufgeschnitten.“ Dann stockt auch ihm der Atem.

Behrens muss dann doch eine schwere Entscheidung treffen. Im Bus befinden sich noch sieben Leichen, die herausgeholt werden müssen. Die ausgewählten Einsatzkräfte laufen über Glasscherben und herausgerissene Plastikteile nach vorn, vorbei an der Beschriftung des aus Stettin stammenden Busses. Darauf klebt der schiefe Turm von Pisa neben dem Brandenburger Tor und dem Kolosseum von Rom. Doch die Urlaubsfahrt der 47 Reisenden und der beiden Fahrer endete in einer Tragödie am Schönefelder Kreuz.

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