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Berlin: BVG ganz vorn

Ab heute müssen Fahrgäste in den Bussen beim Fahrer einsteigen, der Tickets kontrollieren soll. Das Verkehrsunternehmen erhofft sich weniger Schwarzfahrer und höhere Einnahmen

Alles nach vorne, heißt es von heute an beim Einstieg in die Busse der BVG. Der Verkehrsbetrieb hat den Einstieg an den mittleren und hinteren Türen abgeschafft. Alle Fahrgäste müssen jetzt wieder dem Fahrer ihren Fahrschein zeigen oder einen bei ihm kaufen. So will die BVG die Zahl der Schwarzfahrer senken und Mehreinnahmen „in Millionenhöhe“ verbuchen. Ein mehrmonatiger Test in Spandau sei erfolgreich gewesen, so die BVG.

Die freie Türwahl beim Einsteigen bis 20 Uhr hatte die BVG erst Ende Mai 1994 zugelassen – zunächst nur bei den Eindeckern. Beim Doppeldecker verzichtete man zunächst darauf, weil diese Fahrzeuge damals nur zwei Türen hatten. Ein erster Versuch mit der Freigabe der Türen war bereits 1988 gescheitert. Die Zahl der Schwarzfahrer war innerhalb weniger Monate stark gestiegen, entsprechend waren die Einnahmen zurückgegangen. Trotzdem machte die BVG dann einen neuen Anlauf, den sie nun wieder stoppt.

In einer der sonntäglichen Pro & Contra-Runden im Tagesspiegel hatten sich Ende November, vor dem Versuchsstart in Spandau, mehr als die Hälfte der Anrufer für den Vordereinstieg ausgesprochen. Das Argument, so könne die Zahl der Schwarzfahrer verringert werden, hatte 56,4 Prozent überzeugt. Auf den Spandauer Linien sind die Einnahmen nach Angaben der BVG durch den Vordereinstieg „deutlich“ gestiegen.

Zweifel an diesem Effekt hegt dagegen der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Michael Cramer. Nach seinen Erfahrungen könne man den Busfahrern bei einem größeren Andrang auch eine Scheckkarte oder dergleichen entgegenhalten, ohne als Nichtzahler ertappt zu werden.

Matthias Horth vom Fahrgastverband IGEB befürchtet, dass der alleinige Vordereinstieg zu längeren Fahrzeiten führen wird. In Duisburg hätten deshalb die Fahrzeiten auf mehreren Linien verlängert werden müssen. Dabei sollten sie in Berlin mit einem Millionenaufwand für Busspuren und Ampelschaltungen verkürzt werden. Verspätungen habe es beim Test in Spandau jedoch nicht gegeben, kontert die BVG.

Beim Vordereinstieg blieben außerdem die meisten Fahrgäste gleich am Eingang stehen, wo es dann kein Durchkommen mehr gebe, während vor allem bei den langen Gelenkbussen im hinteren Bereich sogar Sitze frei blieben. Das führt Horth weiter als Nachteil aus seiner Sicht an. Zudem sei zu befürchten, dass Fahrer diejenigen Fahrgäste, die weiter hinten einsteigen, „im Kasernenton“ nach vorne zitieren werden.

Aber auch Fahrgäste werden beim Einstieg zum Teil rabiat. Am Donnerstag verprügelte ein Mann einen Fahrer, der ihm nach der Abfahrt an der Haltestelle zum verspäteten Einstieg statt der Mitteltür nur die Vordertür geöffnet hatte.

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