zum Hauptinhalt

Berlin: BVG will höhere Preise

Fahrgäste sollen vom 1. Januar an mehr zahlen Gleichzeitig gibt’s 400 000 Euro fürs Nichtstun

Die Weichen für höhere Preise im Nahverkehr sind gestellt. Gestern hat der Aufsichtsrat der BVG unter dem Vorsitz von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) nach Tagesspiegel-Informationen beschlossen, die meisten Tarife zum 1. Januar 2007 zu erhöhen. Auch die S-Bahn setzt sich dafür ein. Auf der anderen Seite gibt aber vor allem die BVG das Geld mit vollen Händen gleich wieder aus.

Das Aufsichtsgremium hat nämlich gestern ebenfalls beschlossen, den Vertrag mit dem Personalvorstand Hilmar Schmidt-Kohlhas vorzeitig aufzulösen. Dem Vernehmen nach wird sein Vertrag finanziell aber erfüllt. Für zwei Jahre des erzwungenen Nichtstuns kann Schmidt-Kohlhas so etwa 400 000 Euro kassieren. Gleichzeitig muss ein neuer Personalchef bezahlt werden. Mit Zustimmung des sonst so knauserigen Finanzsenators Thilo Sarrazin. Zwischen ihm und dem Personalvorstand der BVG soll „die Chemie“ nicht gestimmt haben.

Zusätzliches Geld in die angeblich so leeren BVG-Kassen sollen vor allem die Kunden bringen, die seltener Bahn und Bus fahren. Denn vor allem die Preise für Einzelfahrscheine sollen nach den Wünschen der BVG stark steigen – im Stadtgebiet mit dem Tarifbereich AB von 2,10 Euro auf 2,30 Euro. Das sind 9,5 Prozent mehr. Auch der ABC-Fahrschein soll mit dann 2,80 Euro 20 Cent mehr kosten als bisher. Der Preis der AB-Monatskarten soll dagegen „nur“ um 4,5 Prozent von 67 Euro auf 70 Euro steigen, um zwei Euro teurer werden soll unter anderem auch das Schülerticket, das dann 28 Euro kosten würde.Von der Preiserhöhung ausgenommen sollen die Abonnenten mit Monats- oder Jahreskarten bleiben, die man als Stammkunden nicht erneut schröpfen will.

Ob die Tariferhöhungen so durchgesetzt werden, wie es der BVG-Aufsichtsrat wünscht, ist ungewiss. Noch gibt es keinen neuen Senat, der bei den Tarifen mitreden kann. Und die möglichen Koalitionspartner der SPD – die Linkspartei/PDS und die Grünen – haben sich im Wahlkampf mehrfach gegen Tariferhöhungen ausgesprochen. Die Belastungsgrenze der Fahrgäste sei erreicht, so Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS).

Zuletzt waren die Preise im August 2005 erhöht worden. Mit ihrem Wunsch, auch in diesem Jahr erneut nachzulegen, war die BVG am Widerstand des Senats gescheitert. Vor den Wahlen sollte es zu keiner unpopulären Preiserhöhung im Nahverkehr kommen. Förmlich beschlossen werden die Tarife vom Aufsichtsrat des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB), in dem Vertreter der Länder Berlin, Brandenburg und der Landkreise sitzen. Das Gremium tagt am 25. Oktober.

Auch die anderen Unternehmen im VBB haben sich gestern für höhere Preise ausgesprochen. Genehmigt werden müssen sie am Schluss in Berlin noch von der Stadtentwicklungsverwaltung. Bis es so weit ist, sind harte Verhandlungsrunden zu erwarten.

Die BVG begründet ihre Forderung vor allem mit gestiegenen Energiekosten. Diese sinken derzeit aber. Und bei Löhnen und Gehältern haben die Mitarbeiter sogar Abstriche gemacht.

Statt stur Preise zu erhöhen, könnte vor allem die BVG intern noch viel sparen, sagen Kenner. So sei der Einkauf des größten kommunalen Verkehrsbetriebs in Deutschland noch immer nicht optimal organisiert, wodurch Millionenbeträge ausgegeben würden, die man sparen könnte. Auch in der Verwaltung gebe es weiter ein erhebliches Sparpotenzial. Viel Geld verschwendet worden sei auch bei mehreren Projekten – etwa bei einem neuen System für den Fahrscheinverkauf oder im Bereich der Datenverarbeitung.

Kritische Nachfragen im Aufsichtsrat dazu gibt es kaum noch. Der Vorsitzende des Gremiums, Finanzsenator Sarrazin, habe dafür gesorgt, dass solche Fragesteller nicht mehr in dem Gremium vertreten sind, werfen ihm Insider vor. Und das Vorstandsmitglied Schmidt-Kohlhas, das immerhin öfter nachgehakt hat, muss jetzt auch gehen.

Auch das Ziel der BVG, durch ein Umkrempeln des Liniennetzes beim Bus und bei der Straßenbahn die Einnahmen kräftig zu steigern, ist nicht aufgegangen. Die Zahl der Fahrgäste konnte nur leicht erhöht werden; andere Verkehrsbetriebe haben erheblich mehr Kunden neu gewonnen als die BVG. Die Steigerung bei den Einnahmen war vor allem der Tariferhöhung zu verdanken.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false