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Das ehemalige Rathaus Lichterfelde soll ab August saniert werden.

© Anett Kirchner

BVV Steglitz-Zehlendorf im Juni: SPD befürchtet finanzielle Verluste für Steglitz-Zehlendorf

Wegen der Sanierung ihres Hauptgebäudes müssen viele Kurse der bezirklichen Volkshochschule umziehen. Die SPD-Fraktion prophezeit einen Einnahmenwegfall.

Zuerst laufen die Dozenten weg, dann die Kursteilnehmer. Und weniger Kurse bedeuten weniger Einnahmen, folglich finanzielle Verluste für den Bezirk. Das prophezeite die SPD-Fraktion am Mittwochabend in der monatlichen Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf.

In einer Großen Anfrage hatte sie die geplante Sanierung des ehemaligen Rathauses Lichterfelde in der Goethestraße, in dem die meisten Kurse der bezirklichen Volkshochschule stattfinden, auf die Tagesordnung gebracht. Ab August soll das Gebäude voraussichtlich für ein Jahr dicht gemacht werden. Die Kurse finden dann - verteilt auf den ganzen Bezirk - an diversen Ausweichstandorten statt.

"Ein weiteres Beispiel von Missmanagement"

„Das geht jetzt alles wieder hopplahopp und wirkt auf mich wie ein weiteres Beispiel von Missmanagement“, sagte Norbert Buchta, Bezirksverordneter der SPD. Denn bereits seit 2015 sei bekannt, dass das Gebäude ertüchtigt werden müsse - mit Schwerpunkt Brandschutz. Deshalb könne er nicht nachvollziehen, dass das Bezirksamt vergleichsweise spät mit den Planungen begonnen habe. Womöglich hätte es alternative Lösungen gegeben, damit die Mitarbeiter und Kursteilnehmer vor Ort beziehungsweise in der näheren Umgebung in Lichterfelde bleiben könnten.

„Es wird viele geben, die sagen: so weit fahre ich nicht, also mache ich den Kurs nicht weiter, denn der Mensch ist ein Gewohnheitstier“, verdeutlichte Buchta. Sein Vorschlag einer Alternative: Container mit Unterrichtsräumen auf der benachbarten Grünfläche an der Goethestraße aufstellen. „Wurde das ernsthaft überprüft“, fragte er in die Runde. Oder sei unter Umständen eine schrittweise Sanierung bei laufendem Unterrichtsbetrieb möglich gewesen?

Sanierungskosten von höchstens 1,6 Millionen Euro

Die letzte Frage verneinte Bildungs-Bezirksstadtrat Frank Mückisch (CDU), in dessen Zuständigkeitsbereich die VHS fällt. Bei einer schrittweisen Sanierung seien etwa die Toiletten nicht nutzbar. Außerdem wäre die Baumaßnahme teurer geworden, weil zum Beispiel zusätzliche Arbeiten notwendig wären, damit die Elektrik weiter funktioniere. Eine schnelle Sanierung sei nur bei völliger Baufreiheit möglich. Er rechne mit einer Bauzeit von einem Jahr. Die Kosten liegen laut Mückisch bei maximal 1,6 Millionen Euro.

Hintergrund des geplanten Umbaus ist, dass das Gebäude nicht mehr die aktuellen Brandschutzbestimmungen für eine Lehrstätte erfüllt. Deshalb sollen unter anderem die Decken und die Elektrik erneuert sowie ein weiterer Rettungsweg eingerichtet werden, erklärte der Bezirksstadtrat.

Dass die Sanierung erst jetzt beginne, obwohl das Brandschutzgutachten bereits seit 2015 vorliege, begründete er mit fehlenden Geldern. „Weil die finanziellen Mittel erst jetzt zur Verfügung stehen, mussten wir die Maßnahme um ein Jahr verschieben“, sagte Mückisch. Ein weiterer Aufschub sei jedoch nicht möglich, weil im August laut Brandschutzgutachten die Nutzungszeit ablaufe.

Einnahmeausfälle für Dozenten

Um den Umfang des VHS-Angebotes weitgehend aufrecht zu erhalten, habe sich das Bezirksamt um Ersatzräume gekümmert. So finden im kommenden Semester die Kurse etwa in der Plantagenstraße 8, im Goethe-Gymnasium, in Jugend- und Senioren-Freizeitstätten und eventuell auch in der Süd-Grundschule in der Claszeile 57 statt. Ob es zu Ausfällen bei einzelnen Kursen und damit verbunden auch zu Einnahmeausfällen bei den freiberuflichen Dozenten komme, könne Mückisch noch nicht vorhersagen. 

„Ich finde, dass das Bezirksamt hier keine Verantwortung gegenüber den freien Mitarbeitern zeigt“, erklärte dazu Lars Rolle. Er ist Bezirksverordneter der FDP und Vorsitzender des Ausschusses für Schule, Bildung und Kultur. Denn ohne die Dozenten würde die VHS nicht funktionieren. Einige freie Mitarbeiter hätten sich schon entschieden, die VHS in Steglitz-Zehlendorf zu verlassen.

„Das kann nicht das Ziel sein“, sagt er sichtlich verärgert. Zudem sei es bedenklich, dass die BVV und der Ausschuss für Schule, Bildung und Kultur viel zu spät, nach seiner Kenntnis erst im Mai diesen Jahres, über die Sanierung informiert worden sei.

Anderer Meinung war der CDU-Bezirksverordnete Clemens Escher. Er stellte fest, dass hier wohl versucht werde, einen Popanz aufzubauen. Die Fragen des Brandschutzes und der Sicherheit solle man lieber den Fachleuten überlassen. „Ich finde, dass das Bezirksamt hier sehr schnell und seriös gearbeitet hat“, lobte er. Denn die Kurse seien fast zu 100 Prozent gesichert. Ja, Bequemlichkeit vor Ort sei zwar ein Argument, aber der VHS-Betrieb im ehemaligen Rathaus in Lichterfelde finde immerhin nur temporär nicht statt.

Auch die schulpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Susanne Mertens, unterstützte den Bezirksstadtrat, in dem sie sagte, dass etwa das Aufstellen von Containern viel Geld gekostet hätte. „Wir sind angehalten, bezirkseigene Räume zu nutzen“, erinnerte sie. Dass das aber nicht immer reibungslos abläuft, zeigt das Beispiel der Süd-Grundschule in der Claszeile 57. Auch hier im Hortgebäude sollten vorübergehend VHS-Kurse stattfinden. Das hatte jedoch zu Protesten von besorgten Eltern geführt (wir berichteten).

Jetzt soll der Standort noch einmal überprüft und nach räumlichen Alternativen gesucht werden. Zumindest hat es so am Mittwochabend die BVV in einem Dringlichkeitsantrag einstimmig beschlossen. „Zwar reden wir alle den ganzen Tag, trotzdem ist Kommunikation eines der schwierigsten Dinge“, schilderte Susanne Mertens.

Sie meinte damit, dass Kommunikationsfehler zu den heftigen Reaktionen bei den Eltern der Süd-Grundschule geführt haben könnten. Das Bezirksamt habe die Schulleitung am 21. April informiert. Anscheinend habe es dann aber Kommunikationsprobleme zwischen der Schulleitung und den Eltern gegeben.         

Sollten die VHS-Kurse nun doch in der Süd-Grundschule stattfinden, sieht Mertens kein Gefährdungspotential für die Kinder. Noch dazu jeder seinen eigenen Bereich habe, die VHS-Teilnehmer dann einen anderen Eingang als die Kinder nutzen würden. So hofft sie auf die Hilfsbereitschaft der Eltern, denn gerade „bei dem Thema Sanierung müssen wir alle zusammenrücken.“

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