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Die neue Kampagne der BZgA setzt auf positive Plakate anstelle von Absturzbildern.

© promo

BZgA-Kampagne "Alkohol? Kenn dein Limit": Ist bei der BZgA noch alles ganz yolo?

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung stellte ihre neue "Kenn-Dein-Limit" Kampagne vor. Unser Jugendreporter war dabei.

Im Vordergrund die Polaroid-Fotografie zweier Freunde, die lachen, unscharf im Hintergrund dieselben Jungen mit geballten Fäusten und albernem Gesichtsausdruck. Darunter der Schriftzug „gemeinsam chillen oder betrunken stressen“. Alkohol macht aggressiv. Botschaft angekommen. „Alkohol? Kenn dein Limit“, rät mir die BZgA (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) seit einigen Jahren. Werde ich mich in Zukunft Samstagabend zurückhalten? Nein, ich bin ja nicht so ein Testosteronmonster wie die beiden Bronkos auf dem Foto, mich macht Alkohol charmant und sexy. Ist so. Störend hinzu kommt diese anbiedernde Jugendsprache: „Chillen“ und „stressen“ - ist bei der BZgA noch alles ganz yolo? Wenn jemand mir sagen will, was ich zu tun habe, dann soll er sich wie eine wichtige Person ausdrücken und sich nicht auf mein sprachliches Level herablassen. Als würden Lehrer anfangen, bei Deutsch-Klausuren „uncool“ neben jeden Grammatikfehler und „geiler Scheiß“ neben gelungene Passagen zu schreiben. Mit schwarzem Edding in Graffiti-Schrift.

Trinken ist okay, aber nicht so viel

Nun stellte die BZgA in Kooperation mit der Agentur „ressourcenmangel“ ihre neue Kampagne vor. Der Leitfaden „Kenn dein Limit“ ist geblieben, das Design der Poster wurde geändert. Einen neuen TV Spot gibt´s auch. Man wolle sich davon entfernen, negative Bilder wie Gewalt, Krankheit, Tod mit Alkoholkonsum in Verbindung zu bringen, heißt es. Die Plakate sollen die positive Wirkung gemäßigten Alkoholkonsums zeigen, sagte ein Agenturvertreter, der für die kreative Umsetzung der Kampagne mitverantwortlich war. So sieht das dann aus: Ein vor Glück strahlendes Mädchen wird von ihrem Freund, der erschreckende Ähnlichkeit mit Elyas M´Barek hat, auf die Wange geküsst. Man kann Sonnenschein und blauen Himmel im Hintergrund erahnen. Darunter der Schriftzug „Nichts kann uns trennen. Außer zu viel Alkohol.“ An sich eine sinnvolle Botschaft. Trinken ist okay, aber wenig muss es sein. Dann bleibt das Leben in den Fugen.

Elyas M´Barek?
Elyas M´Barek?

© promo

Anquatscher und Qualität

Seit Start der „Kenn dein Limit“- Kampagne 2009 werden Peers eingestellt. Attraktive Menschen, Anfang 20, die mit Flyern und Bändchen über Festivals und Straßenfeste stapfen, sich zu Jüngeren setzen und ihnen von verantwortungsvollem Trinken erzählen. Wie „WWF“- oder „Rednose Day“- Anquatscher, nur öffentlich finanziert und weniger aufdringlich. Andreas Kalbitz von der BZgA zeigt bei der Präsentation der neuen Kampagnenbilder ein Foto vom Wacken Festival 2014: Gigantische Werbebanner der Biermarke Becks - daneben, halb so groß, der Schriftzug „Alkohol? Kenn dein Limit“. Gelbe Schrift auf schwarzem Grund. Eher unauffällig neben den knalligen Farben der Bühne und den leuchtend grünen Becks-Pullen. Der Bierindustrie stehen andere finanzielle Mittel zur Verfügung als der BZgA, weshalb die Behörde auf Qualität setzt, an Schulen präsent ist, Peers auf Straßenfeste loslässt.

Von Feierlichkeiten wie dem Rosenmontag in Köln, dem Oktoberfest in München und künftig auch Wacken wollen sie Peers fernhalten. Die Rückmeldung der Besucher sei "schwierig" gewesen, gibt BZgA-Mann Kalbitz stirnrunzelnd zu. Dafür hätten sie im letzten Jahr beim Hurricane Festival große Erfolge verbuchen können. Man müsse nur darauf achten, die Jugendlichen vor 20 Uhr anzusprechen. Danach seien sie meist schon zu betrunken.

Ich war gestern auf einer Party und habe zu viel getrunken. Aber ich führte ein paar sehr interessante Gespräche, die ich in nüchternem Zustand niemals zu Stande gebracht hätte, weil ich schüchtern bin. Die neue Kampagne der BZgA ist mir insofern sympathisch, als dass sie nur übermäßigen Alkoholkonsum tabuisiert und sich für eine positive Weltsicht statt Absturzfotos entscheidet. Ein fader Nachgeschmack bleibt dennoch, denn außer fünf Wodka-Mischen gibt es noch Millionen andere Faktoren, die Liebende auseinander bringen können. Vielleicht trifft das nicht auf Regierungsangestellte zu.

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Max Deibert, 20

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