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Berlin: "Cantus 139": Musik ist wieder Trumpf

Der orangefarbene Zettel im Schaufenster liest sich wie eine Proklamation: "Wir, die ehemaligen Mitarbeiter von Bote und Bock" heißt es da feierlich, als würde ein Volk sich eine neue Verfassung geben. Zumindest für Regina Steinhäußer ist die Eröffnung von "Cantus 139" tatsächlich so etwas wie das Ergebnis eines Unabhängigkeitskampfes.

Der orangefarbene Zettel im Schaufenster liest sich wie eine Proklamation: "Wir, die ehemaligen Mitarbeiter von Bote und Bock" heißt es da feierlich, als würde ein Volk sich eine neue Verfassung geben. Zumindest für Regina Steinhäußer ist die Eröffnung von "Cantus 139" tatsächlich so etwas wie das Ergebnis eines Unabhängigkeitskampfes. Als Berlins traditionsreichste Musikalienhandlung Bote und Bock im März dieses Jahres nach über hundertjähriger Geschichte dichtmachte, stand sie nach über 30 Arbeitsjahren auf der Straße - und vor der Entscheidung, entweder in Frieden ihre Abfindung zu verzehren oder die Herausforderung anzunehmen, ein eigenes Geschäft zu eröffnen. Steinhäußer zögerte keinen Moment: "Der Handel mit Musikalien ist für uns alle eine Herzenssache."

Den Geist des alten Geschäfts in der Hardenbergstraße wollen Steinhäußer und ihr Kompagnon Olaf Enderlein auch in die neuen Räume in der Kantstraße 139 hinüberretten: Eine Café-Ecke soll Platz zum Diskutieren und Studieren der Musikbücher und Partituren bieten, der Ladenraum strahlt eine ähnliche Stöber-Atmosphäre aus wie der winklige alte Bote-und-Bock-Laden. Trotz der Eröffnungseuphorie kann sich Regina Steinhäußer freilich sentimentale Erinnerungen an die alte Bote-und-Bock-Herrlichkeit nicht ganz verkneifen: "Unser Stolz war es, die komplette Backlist an Musikbüchern immer auf Lager zu haben, das geht jetzt auf unseren 105 Quadratmetern Ladenfläche schon allein aus Platzgründen nicht mehr." Auch bei den Noten, die nach wie vor zwei Drittel des Sortiments einnehmen, seien Einschränkungen unvermeidlich gewesen - während vorher jede Beethoven-Sinfonie zehn Mal im Regal stand, müssen jetzt zwei Exemplare reichen.

Ein Manko, dass durch verbesserten Bestellservice ausgeglichen werden soll: In Zukunft können die Kunden ihre Musikalien auch online bestellen. Außerdem stehen den Mitarbeitern im Laden vier PCs zur Verfügung, der abrufbare Musikalien-Katalog umfasst über 200 000 Titel.

Steinhäußer ist sich sicher, dass die alten Kunden auch den Weg in die Kantstraße finden werden, auch wenn das Geschäft aus rechtlichen Gründen den neuen Namen trägt. "Bote und Bock", sagt sie, "das ist nicht der Laden, das sind wir." jök

Cantus 139 in der Kantstraße 139 eröffn

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