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Berlin: CargoLifter AG: Hochfliegende Pläne

Das 103 Meter hohe Sony-Hochhaus am Potsdamer Platz würde bequem in die neue Halle passen. Es wäre sogar noch genügend Luft nach oben.

Das 103 Meter hohe Sony-Hochhaus am Potsdamer Platz würde bequem in die neue Halle passen. Es wäre sogar noch genügend Luft nach oben. Denn erst bei 107 Metern endet die Konstruktion des größten freitragenden Kuppelbaus der Welt. Doch auf dem rund eine halbe Autostunde südlich Berlins gelegenen früheren russischen Militärflughafen Brand sollen keine Hochhäuser verschwinden, sondern Luftschiffe gebaut werden. Mit der Fertigstellung der Werfthalle auf der Fläche von neun Fußballfeldern ist jetzt der erste Schritt geschafft. Nachdem am Mittwochabend, wie berichtet, Prominenz aus Politik und Wirtschaft zusammen mit Vertretern von 50 Botschaften das Ereignis feierten, steigt morgen ab 13 Uhr ein zehnstündiges Spektakel für die Aktionäre und alle anderen Interessenten. Bisher verkaufte die Cargolifter AG dafür 3000 Karten zum Stückpreis von 150 Mark.

"Wir haben Platz für mehrere Tausend Gäste", sagte der Vorstandsvorsitzende Carl von Gablenz. Es werden über zehn Stunden das Erlebnis einer Lichtshow sowie Programme auf vier Bühnen geboten (Karten-Hotline: 035477/606000). Das Gelände ist über die Autobahnausfahrt Staakow oder mit dem Zug bis Brand zu erreichen.

Doch auch ohne diese künstliche "Luftraum-Inszenierung" verfehlt das Bauwerk seine Wirkung nicht. Wo sich vor anderthalb Jahren zwischen den verlassenen Flugzeughangars und einigen verfallenen Baracken noch wahrhaftig Fuchs und Hase Gute Nacht sagten, steht jetzt eine 360 Meter lange und 210 Meter breite Halle im märkischen Sand. Ab Frühjahr 2001 beginnt hier die Montage des ersten Prototyps der fliegenden Kräne mit einer Tragfähigkeit von 160 Tonnen.

Carl von Gablenz findet die Halle nicht nur zweckmäßig, sondern auch "elegant" und "preiswert". Fünf Stahlbögen geben der Konstruktion den nötigen Halt. Ein Drittel der Außenhülle nehmen ohnehin die riesigen Tore ein. Sie gleichen einer mehrfach geteilten Schale einer halben Orange. Beim Öffnen schieben sich diese Schalenstücke hintereinander, um einen bis zu 200 Meter breiten Spalt für das problemlose Aus- und Einfahren der Luftschiffe freizugeben. Die von erfahrenen Bergsteigern montierte Membranaußenhaut lässt viel Licht ins Innere und erinnert zudem an ein Luftschiff. 150 Millionen Mark kostete der Bau, an dem sich das Land Brandenburg mit 77 Millionen Mark beteiligte. "Es handelt sich um eine normale Fördermittelquote", erklärt von Gablenz. Für die Standortwahl seien vor allem der nahe Anschluss zur Autobahn nach Dresden und die am 500 Hektar großen Gelände vorbeiführende Eisenbahnstrecke ausschlaggebend gewesen. Ursprünglich war das Gelände in den ersten Jahren nach der Wende sogar als Standort für eine Autorennstrecke vorgesehen gewesen. Doch die Landesregierung favorisierte schließlich Klettwitz im weiter südlich gelegeneren Teil der Lausitz als Formel-1-tauglichen Kurs.

An den früheren Flugplatz werden bald nur noch die alten Abstellbunker für die russischen Jagdflieger erinnern. Denn eine Start- und Landebahn brauchen die Luftschiffe nicht. Ein Terrain von der Größe eines Fußballfeldes reicht aus, um die Riesenzigarre an vier Seilwinden rund 100 Meter über dem Erdboden zu halten. So können dann in aller Ruhe die beiden Großcontainer ent- oder beladen werden. Damit der mit 550 000 Kubikmeter Helium gefüllte Ballon der Crew ohne Fracht nicht auf- und davonfliegt, wird Ballast aufgenommen: In unmittelbarer Nähe des Landeplatzes müssen größere Mengen von Wasser vorhanden sein - oder in Tankwagen bereitgehalten werden.

"Wer so ein Lasten-Luftschiff also ordert, muss keine teure Infrastruktur vorweisen", erklärt Vorstandsmitglied Karl Bangert. "Wir brauchen keine Straßen oder Schienen, sondern können Turbinen, Bohrplattformen, Chemieanlagen oder Baumaschinen an fast jeden Ort bringen." In drei Regionen soll das Geschäft vorrangig laufen: Nordamerika und Südamerika sowie der Mittlere Osten. Mit Häfen in Houston, Sao Paulo und in den Vereinigten Arabischen Emiraten gibt es konkrete Verhandlungen. Auf großen Strecken ist das Ozeanschiff nach wie vor am preiswertesten. Doch für den Weitertransport der Güter ins Landesinnere bietet sich CargoLifter an. Schon jetzt bestehen Verträge mit rund 30 Firmen, darunter Siemens, ABB und MAN. Auch die UNO habe ihr starkes Interesse für Einsätze bei Katastrophen angemeldet, teilte Bangert mit.

Jährlich vier Luftschiffe zum Stückpreis von 50 Millionen Euro sollen ab 2004 die Werft in Brand verlassen. Sie bleiben Eigentum der Aktiengesellschaft. Etwa in vier Jahren ist der Bau einer ähnlichen Halle in den USA vorgesehen.

Starken Zuspruch verzeichnet das im Juni eröffnete Besucherzentrum. Bis Oktober passierten 110 000 Gäste die Kassen. In Kürze werden sie den Innenausbau der Halle sowie das Aufblasen eines riesigen Versuchsballons miterleben können. Das Zentrum ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt für Erwachsene kostet 15 Mark (Kinder acht Mark).

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