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Berlin: CDU feiert Pflüger als Filmstar

Die Partei kürt ihren Spitzenkandidaten im amerikanischen Stil – als „Man in Berlin“ und mit 97 Prozent

Die Scorpions haben schon Ereignisse wie die Wiedervereinigung mit Pop-Hymnen gewürdigt. Am Freitag versorgte die Band aus Hannover den frisch gekürten Spitzenkandidaten der Berliner CDU mit kämpferisch-pompösen Klängen. Vor und nach dem eineinhalbstündigen Auftritt Friedbert Pflügers erschallte auf dem Landesparteitag der Union „Moment of Glory“, die Expo-Hymne der Scorpions.

Das Lied gab den Ton vor für eine kurzweilige Inszenierung, in der die Wahlkampfstrategen amerikanische Show-Elemente mit lokalen Einsprengseln verbanden, zusammengehalten durch das Rahmenthema Film. Darauf war man gekommen, da der Parteitag im Babylon-Kino in Mitte spielte. So präsentierte man Pflüger schon am Eingang des historischen Filmtheaters wie einen Hollywoodstar. Nach dem Vorbild von Filmplakaten zu „Men in Black“ und „Goldfinger“ zeigten Pflüger-Poster den 51-jährigen Wahl-Berliner als „Man in Berlin“ oder „Goldpflüger“, der Kinosaal geschmückt mit großen Pflüger-Fahnen und Bannern in der Wahlkampffarbe Orange, über allem stand der Slogan „Berlin kann mehr“.

Die Show war konsequent auf den neuen Spitzenmann zugeschnitten. Seinen Einmarsch begleitete dramatische Synthesizermusik, Kameras übertrugen jede seiner Regungen auf eine Großbildleinwand, kombiniert mit Schwenks auf seine 86-jährige Mutter Ruth und seine Partnerin Sibylle Hällmayr im Publikum.

Die Aufbruchstimmung, die in der Partei seit Pflügers Nominierung herrscht, steigerte sich während der Inszenierung zur lauten Begeisterung. Dazu trug auch Angela Merkel bei, die Pflüger in einer dreiviertelstündigen Rede als neue Hoffnung für die Berliner Union lobte. „Ich habe den Eindruck, Sie haben wieder Lust aufs Gewinnen“, sagte die Bundeskanzlerin und CDU-Chefin. Und, mit einem leichten Seitenhieb gegen die jahrelange Formkrise der Berliner Union: „Sie können die Wahl gewinnen – wenn Sie sich nicht selbst im Wege stehen.“

In Richtung der rot-roten Koalition drohte Merkel unverhohlen damit, dass sie als Bundeskanzlerin sich stärker für die Stadt einsetzen werde, wenn die CDU in der Landesregierung den Ton angebe: „Wenn sich der Bund für Berlin einsetzen soll, muss in Berlin auch vernünftige Politik gemacht werden . Das ist im Moment nicht der Fall.“

Pflügers Bewerbungsrede war ein polemischer Ritt gegen die vermeintlichen Sünden von Rot-Rot: Vom Umgang des PDS-Senators Flierl mit ehemaligen Stasi- Mitarbeitern bis zur Ansiedlungspolitik des Wirtschaftssenators, von der Feierfreudigkeit Klaus Wowereits zu dessen angeblichen Vernachlässigung wichtiger Stadtthemen, von den Problemen der Rütli-Schule bis zum Religionsunterricht.

Der Applaus der Delegierten steigerte sich mit jedem Absatz, am Schluss dankten sie Pflüger mit drei Minuten frenetischen Jubels und Beifalls zu einem Techno-Triumphmarsch – „ganz großes Kino“, wie es die Bundestagsabgeordneten Monika Grütters sagte, eine der Moderatorinnen der Veranstaltung.

Am Schluss stimmten 97 Prozent der Delegierten (276 von 285 abgegebenen Stimmen) für den Spitzenkandidaten. Dann strömten die Delegierten zufrieden aus dem Kino, als Abspann begleiteten sie die Scorpions, die etwas von „neuen Zielen“ und einem „Planeten der Visionen“ sangen, dessen Ruf jetzt zu hören sei.

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