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Berlin: CDU lädt ihren Bezirksbürgermeister vor

Steglitz-Zehlendorfer Fraktion verlangt Erklärung nach weiteren umstrittenen Aussagen zur Nazi-Zeit

Von Sabine Beikler

Der Bezirksbürgermeister von Steglitz-Zehlendorf, Herbert Weber (CDU), gerät noch weiter unter Druck. Die Steglitzer CDU-Fraktion hat für Dienstag zu einer außerordentlichen Fraktionssitzung geladen und Weber dazugebeten. „Wir möchten eine Erklärung von Herrn Weber“, sagen der Steglitzer CDU-Fraktionschef Norbert Kopp und auch Karl-Georg Wellmann, CDU-Vorsitzender des zum Kreisverband Steglitz-Zehlendorf zählenden größten Berliner Ortsverbandes Dahlem. Weber war für eine Stellungnahme am Karfreitag nicht erreichbar.

Hintergrund dieser neuen Auseinandersetzung ist eine Rede von Weber anlässlich des Volkstrauertages im November vergangenen Jahres. Darin hatte Weber unter Berufung auf eine Aussage des früheren FDP-Vizekanzlers Erich Mende mit Blick auf Wehrmachts-Deserteure gesagt: „Die meisten Deserteure hatten etwas auf dem Kerbholz und wussten, warum sie abhauten. Der unbekannte Deserteur, welche Verhöhnung des unbekannten Soldaten. Es ist eine Verirrung, die nur mit Geisteskrankheit, Hetze oder maßloser Verhetzung zu erklären ist.“ An anderer Stelle schlug Weber vor, die „seit Jahrzehnten vorherrschenden Denkmuster der Belehrung, der Fokussierung auf Auschwitz als Erinnerungsreligion (Deutschland denken, heißt Auschwitz denken) zugunsten einer Gesamtschau, gemessen an historischer Wahrheit zu überwinden“. Solche Ansichten seien in keiner Weise in der CDU mehrheitsfähig und einer liberalen Großstadtpartei nicht zuträglich, hieß es dazu in CDU-Kreisen.

Nach den wochenlangen Auseinandersetzungen um den Beschluss zum 8.-Mai-Gedenken läuft gegen Weber bereits ein Abwahlantrag, der von SPD, Grünen und PDS unterstützt wird. Auch die Liberalen geben dem Bezirksbürgermeister nicht mehr uneingeschränkte Rückendeckung. „Weber muss sich erklären. Die FDP teilt seine Aussagen nicht“, sagt der FDP-Bezirksfraktionsvorsitzende Kay Heinz Ehrhardt. „Indiskutabel“ sei Webers Aussage zu Auschwitz.

Albert Meyer, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Berlin, sieht bei Herbert Weber ein „rechtsradikales Gedankengut mit der Zielrichtung, die Geschichte neu zu interpretieren“. Er sehe auch keine Veranlassung, mit Weber zu sprechen. Jetzt seien die demokratischen Parteien gefordert, darauf zu reagieren. „Es liegen auch keine Missverständnisse vor“, sagte Meyer dem Tagesspiegel. Damit reagierte Meyer auf eine Äußerung Webers in der RBB-Abendschau von Donnerstag, wo er von möglichen Missverständnissen gesprochen hatte.

Während PDS-Chef Stefan Liebich, Grünen-Chef Till Heyer-Stuffer und SPD-Chef Michael Müller den Rücktritt von Weber fordern, ist man auf CDU-Landesebene zurückhaltend. Generalsekretär Gerhard Lawrentz spricht von einem „unglücklichen Zitat“, das noch keine Rücktrittsforderung rechtfertige. Außerdem sei das eine Angelegenheit des Kreisverbandes Steglitz-Zehlendorf.

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