zum Hauptinhalt

Berlin: CDU: Landesverband sortiert sich in aller Ruhe neu

Eberhard Diepgen schweigt. Aber im Geiste zieht der Regierende Bürgermeister und CDU-Landeschef die Augenbrauen hoch, weil er keine Diskussionen will, die seine Große Koalition belasten.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Eberhard Diepgen schweigt. Aber im Geiste zieht der Regierende Bürgermeister und CDU-Landeschef die Augenbrauen hoch, weil er keine Diskussionen will, die seine Große Koalition belasten. Rot-Rot-Grün, Schwarz-Grün! Das ist nicht Diepgens Farbenlehre. Er will mit der SPD weiterregieren und ist gut gelaunt, weil das Regieren momentan ganz gut gelingt. Es ist so ruhig wie schon lange nicht mehr in der Koalition. Und es ist so ruhig wie schon lange nicht mehr in der Union, auch wenn sich hinter den Kulissen der CDU-Landesverband neu sortiert.

Denn mit der Fusion der Kreisverbände werden auch die innerparteilichen Machtverhältnisse neu austariert. Den Schlussstein wird der künftig mächtigste Bezirksverband Zehlendorf/Steglitz setzen, der sich erst im Frühjahr 2001 gründet. Mit fast 3000 Mitgliedern ein Bollwerk des konservativen Parteiflügels. Der Kulturexperte und eingeschworene Diepgen-Gegner Uwe Lehmann-Brauns wird sich den Kreisvorsitz nicht nehmen lassen und ein gewichtiges Wort mitreden, wenn im Frühsommer nächsten Jahres der Landesvorstand neu gewählt wird. Aber selbst Lehmann-Brauns ist momentan leutselig: Diepgen habe sehr gewonnen, er sei "cooler und sicherer" geworden. "Die Leute wollen ihn, warum soll die CDU ihn dann nicht mehr wollen?"

Gemauschelt wird trotzdem, auch in Diepgens Heimat-Kreisverband Neukölln. Dort soll der liberale Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner - mit diskreter Unterstützung des CDU-Landeschefs - gegen die erzkonservative Mehrheitsfraktion aufgebaut werden. Ein schwieriges Unterfangen. Auch in anderen großen Parteigliederungen (Spandau, Charlottenburg/Wilmersdorf, Tempelhof) sitzen inzwischen an führender Stelle Leute, die nicht unbedingt Diepgen-Fans sind. Doch nach dem CDU-Wahlsieg 1999, angesichts der Krise der Bundespartei und mangels überzeugender personeller Alternativen ist die Diepgen-Nachfolgedebatte vorläufig eingestellt worden. Und Schwarz-Grün ist auch kein drängendes Thema.

Planspiele werden natürlich angestellt, sogar an höchster Stelle. Nicht nur der CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky, auch Diepgen hat ein Auge auf den Reinickendorfer Jungunternehmer und CDU-Abgeordneten Frank Steffel geworfen. Unter denen, die ganz nach vorn geschoben werden sollen, ist Steffel der einzige Generalist. Ein Mann mit Mutterwitz, der entwicklungsfähig ist. Die Senatoren Branoner und Peter Kurth, die Wissenschaftsexpertin Monika Grütters und der Haushälter Alexander Kaczmarek stehen ebenfalls auf der Liste, wenn es um künftige Spitzenkandidaturen, Landes- und Fraktionsvorsitze geht. Allesamt junge, exzellente Fachleute, allerdings keine Volkstribune. Kandidaten "von außen" wurden bisher nicht ins Visier genommen. Die alte CDU-Bundesprominenz hat abgewirtschaftet, die Nachwuchsleute sind in Amt und Würden oder nicht besser als das, was die Berliner Union zu bieten hat. Und Diepgen? Er wird nicht erneut ums politische Überleben kämpfen, wenn sich die Partei endgültig von ihm emanzipieren will.

Von denen, die bis 2004 aufrücken könnten, lehnt übrigens keiner eine schwarz-grüne Zusammenarbeit grundsätzlich ab. Aber: Altvordere wie Peter Kittelmann oder Stefan Schlede und Nachwuchsleute wie Grütters oder Steffel bestätigen unisono: Momentan sei dies keine Herzensangelegenheit der CDU, und Parteibeschlüsse zu diesem Thema stünden nicht an. Die "Privatinitiative" des CDU-Generalsekretärs Ingo Schmitt, die Grünen zu Gesprächen einladen zu wollen, wurde auf der jüngsten Landesvorstandssitzung und in der Runde der Kreisvorsitzenden schulterzuckend zur Kenntnis genommen. Der Ingo Schmitt, heißt es hinter vorgehaltener Hand, wolle mal wieder Profil zeigen und außerdem die SPD ärgern.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false