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Berlin: CDU-Politiker: Kampagne gegen Moschee nicht rechtsstaatlich

Ortsgruppenvorsitzender Karl Hennig legt sein Amt aus Protest gegen Kurs der eigenen Partei nieder – er sieht die Religionsfreiheit verletzt

Das, was ihn zu Fall brachte, ist für Karl Hennig eigentlich eine Selbstverständlichkeit. „Wenn eine Gemeinde auf dem Boden des Grundgesetzes steht und der Verfassungsschutz nichts gegen sie hat, dann hat sie das Recht, ein Gotteshaus zu bauen, wo sie es will.“ So hat es der 58-jährige Vorsitzende des Pankower CDU-Ortsverbandes Schönhauser Allee kürzlich in einem Interview gesagt. Daraufhin erhielt er ein Schreiben seines Kreisvorstandes, des Abgeordnetenhausmitgliedes René Stadtkewitz, berichtet Hennig. Er stelle sich öffentlich gegen den CDU-Spitzenkandidaten Friedbert Pflüger und gegen den Kreisvorstand. Beide hatten den im Pankower Ortsteil Heinersdorf geplanten Bau einer Moschee der von vielen Experten und dem Verfassungsschutz als friedfertig und integrationswillig eingeschätzten Ahmadiyya-Reformgemeinde abgelehnt, unter anderem mit der Begründung, in dem Stadtteil lebten nur wenige Muslime. Hennig solle sich zum Thema Moschee nicht mehr öffentlich äußern, forderte sein Kreischef.

„Alle Mandatsträger und Funktionäre sollen verpflichtet werden, die Bürgerinitiative zu unterstützen, die in Heinersdorf gegen die Moschee kämpft“, sagt Hennig. „Das kann ich nicht mehr mittragen, das ist nicht mehr rechtsstaatlich.“ Als Folge legte Hennig, der als Vorsitzender des Anti-Graffiti-Vereins „Nofitti“ stadtweit bekannt ist, am Freitag sein Amt als Vorsitzender des Ortsverbands nieder.

Pflüger bedauert Hennigs Schritt, sagte er am Sonntag. Der Spitzenkandidat sagt, dass auch er die Religionsfreiheit und das geltende Recht unterstütze. Dazu gehöre aber auch, dass man den Heinersdorfern zugestehen müsse, ihre Ängste auszudrücken. „Wir unterstützen Bürger, die ihre Sorgen artikulieren“, sagt Pflüger und verweist darauf, dass die Ahmadiyya-Gemeinde wegen einer abweichenden Koranauslegung als Sekte gelte, der auch viele Muslime ablehnend gegenüberstehen. Zwang gegen die Gemeinde wolle man aber nicht ausüben, sagt Pflüger.

Hennig sieht das anders. Er wünscht sich mehr Offenheit von seinen Parteifreunden. „Wir reden immer von Integration – aber was ist das für eine Erfahrung für Muslime, die hier dauerhaft leben und rechtsstaatlich eine Moschee bauen wollen, dass ein rechtsstaatlicher Prozess aus politischen Gründen gekippt werden soll?“ Pflüger sei falsch beraten gewesen, als er sich vergangene Woche gegen den geplanten Moscheebau aussprach: „Er hätte sich nicht nur mit den Gegnern, sondern auch mit der Gemeinde treffen müssen.“ Auch hätte Pflüger besser mit seiner Reinickendorfer Parteifreundin gesprochen, Bürgermeisterin Marlies Wanjura. In deren Bezirk betreibt die Ahmadiyya-Gemeinde bereits seit 17 Jahren eine Behelfsmoschee in einem Einfamilienhaus – „und man hat mit ihnen dort nur gute Erfahrungen gemacht“, sagt Hennig.

Der Neubau der Ahmadiyya-Gemeinde in Pankow erfüllt für Hennig die Forderungen, die die CDU in der Integrationsdebatte immer erhebe. So sei man gegen Ghettobildung – und das Gebetshaus ist in einem nicht von Muslimen geprägten Bezirk geplant. Man sei gegen intransparente Hinterhofmoscheen – und die Gemeinde mache ihre Pläne und Inhalte für jedermann offen. Hennig befürchtet, dass die „Instrumentalisierung“ des Themas der CDU schade. „Außerhalb von Heinersdorf herrscht Unverständnis und Kopfschütteln“, sagt er über den Kurs seiner Parteiführung. Seine Sorge: „Die CDU verwirkt den Anspruch, tolerant und weltoffen zu sein.“

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