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Berlin: CDU vor der Wahl: Steffels ganz große Koalition

"Unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Biographien" hat der Berliner CDU-Spitzenkandidat Frank Steffel gebeten, ihn zu unterstützen und mit ihm vor allem über die spezifischen Probleme in den Ost-Bezirken der Stadt zu sprechen. Herausgekommen ist dabei der elfköpfige Gesprächskreis "Innere Einheit".

Von Sabine Beikler

"Unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Biographien" hat der Berliner CDU-Spitzenkandidat Frank Steffel gebeten, ihn zu unterstützen und mit ihm vor allem über die spezifischen Probleme in den Ost-Bezirken der Stadt zu sprechen. Herausgekommen ist dabei der elfköpfige Gesprächskreis "Innere Einheit". Am Donnerstag stellte Steffel die ausschließlich aus Ostdeutschen bestehende Runde vor, der auch die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley, Turn-Olympiasieger Andreas Wecker und Günter Schabowski angehören. Der frühere Ost-Berliner SED-Chef riet dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) davon ab, mit der PDS zu koalieren. Dass die CDU den früheren "Chef-Propagandisten der DDR" als Berater gewonnen habe, fördere nicht deren Glaubwürdigkeit, konterte SPD-Landeschef Peter Strieder.

Zum Thema Online Spezial: Berlin vor der Wahl Ex-SED-Funktionär Günter Schabowski sagte, er vertrete sich selbst und seine Erfahrungen in dem CDU-Arbeitskreis. Von der Union fühle er sich nicht "instrumentalisiert". Es gehe in dem CDU-Arbeitskreis nicht darum, "Gegenpositionen gegen Gespenster zu entwickeln, sondern Wege zu suchen, die dem Status der inneren Einheit entsprechen". Eine solche Einheit sei nur mit der Lösung der sozialen Probleme im Osten zu erreichen. Schabowski erteilte einer SPD-PDS-Koalition eine klare Absage. Er habe kein Vertrauen, dass sich die PDS-Parteimitglieder von den früheren "Grundpositionen" abgekehrt hätten. Der Kreis der Reformer hebe sich nicht von den "Beharrungskräften" in der PDS ab. Diese seien einerseits angewiesen auf die Integration innerhalb der Partei. Sollten andererseits aber die "Beharrungskräfte" die Partei verlassen, bliebe die "PDS als eine Sekte" übrig.

Günter Schabowski, der sich zur Schuld an den Mauertoten bekannt hatte, war wegen der Todesschüsse zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt worden. Er wurde nach neun Monaten vom damaligen Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen begnadigt. Der heute 72-jährige Rentner sagte, es sei außergewöhnlich, dass in dieser Runde "Täter und Opfer" zusammen säßen. "Dafür muss ein Täter zu bestimmten Reflexionen bereit sein."

Schabowski sei "einer der wenigen gewesen, die nach den Urteilen nicht von Siegerjustiz gesprochen haben", sagte die frühere Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley. Sie sei zu der Teilnahme an dem Gesprächskreis durch die Aussage der PDS motiviert worden, nur mit den Sozialisten sei eine innere Einheit möglich. Die PDS habe keinen Alleinvertretungsanspruch für die Probleme der Ostdeutschen, auch wenn sie das immer behaupte. Ein solcher Arbeitskreis sei schon lange überfällig gewesen, sagte Bohley, die mittlerweile in Kroatien lebt. Es sei auch heute noch wichtig, dass sich Leute zusammensetzen, die "ihren Lebensmittelpunkt in der DDR hatten".

Zu dem Gesprächskreis "Innere Einheit" gehören neben Bohley und Schabowski auch Wolfgang Templin, Mitbegründer der Initiative Frieden und Menschenrechte, der frühere Grünen-Abgeordnete in Berlin, Dietmar Volk, Eckhart Beleites, Präsident des Verbandes Deutscher Grundstücksnutzer, der Hauptgeschäftsführer des Berliner Einzelhandelsverbandes, Nils Busch-Petersen, der Werksleiter der Knorr-Bremse Berlin, Eberhard Jahn sowie Erwin Kostyra, Vizepräsident der Handwerkskammer Berlin, der Gewerkschafter Wolfgang Weber, der Turn-Olympiasieger Andreas Wecker sowie der Berliner Bezirksbürgermeister und CDU-Generalsekretär Joachim Zeller, der den Gesprächskreis auch über den Wahltermin am 21. Oktober hinaus organisieren wird.

Die stellvertretende Grünen-Fraktionschefin Claudia Hämmerling bezeichnete den Kreis als "durchsichtiges Wahlkampfgedöns". SPD-Landeschef Peter Strieder sagte über den von Steffel initiierten Gesprächskreis: "Ich verstehe, dass Frank Steffel Hilfe braucht. Dass er aber ausgerechnet Schabowski als Berater zum Thema Einheit heranzieht, verwundert mich schon sehr." Die CDU sei in den vergangenen Jahren massiv gegen ehemalige SED-Mitglieder vorgegangen, die in anderen Parteien politische Verantwortung übernommen hatten. Jetzt mit dem ehemaligen DDR-Funktionär Effekte erzielen zu wollen, fördere die Glaubwürdigkeit der CDU nicht. Strieder fügte hinzu: "Heute wird Steffel noch in Bayern anrufen und uns morgen Alexander Schalck-Golodkowski als neuen Wirtschaftsberater vorstellen."

GÜNTER SCHABOWSKI: In der DDR eine Stütze Honeckers, während der Wende ein Reformer mit und gegen Egon Krenz. In den 90er Jahren trägt er zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte bei (hier mit Joachim Gauck). Und nun berät er Frank Steffel.

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