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Berlin: Chaos im Cockpit führte zum Luxair-Absturz

Abschlussbericht zur Katastrophe im November 2002 belastet Piloten und Fluggesellschaft. Unternehmen entließ verantwortliche Mitarbeiter

Von Marc Glesener

und Rainer W. During

Der Absturz der von Berlin kommenden Luxair-Maschine beim Landeanflug auf den Luxemburger Flughafen Findel vor gut einem Jahr ist offenbar unter anderem auf Fehler der beiden Piloten zurückzuführen. Allerdings habe es auch Fehler beim Management der Airline sowie beim Hersteller der Maschine gegeben, sagte Transportminister Henri Grethen bei der Vorstellung des Abschlussberichts zu dem Unglück am Donnerstag in Luxemburg. Bei dem Absturz im November 2002 waren 20 Menschen ums Leben gekommen, darunter 15 Deutsche aus Berlin, Brandenburg, Sachsen und Bayern.

Grethen betonte, dass er keine Schuldzuweisungen vornehmen wolle. Das sei Sache der Staatsanwaltschaft, die ermitteln müsse, ob unter den Ergebnissen des Berichts auch strafrechtlich relevante Fehler seien.

In dem Bericht wird vor allem den beiden Piloten der Fokker 50 eine Reihe von Fehlern angelastet. Allerdings hätten diese dem Bericht zufolge teils auch durch zusätzliche technische Vorkehrungen seitens des Flugzeugherstellers verhindert werden können. Die Piloten hatten wegen des schlechten Wetters erst durchstarten wollen, sich dann aber doch für die Landung entschieden. Die Maschine war abgestürzt, weil während des Fluges die Schubumkehr aktiviert worden war. Dabei müssen die Piloten das vorhandene Sicherheitssystem ignoriert haben. Ein von Luxair zu verantwortendes Problem sei zudem die unterschiedliche Ausbildung der Piloten der Airline mit Lizenzen aus neun verschiedenen Ländern. Dies müsse harmonisiert werden, sagte Transportminister Grethen. Dazu hieß es aber bei der Luxair, die Ausbildung erfolge stets nach einheitlichen, von den Behörden genehmigten Richtlinien.

Flugkapitän Claude P., der den Unfall neben einem Passagier als Einziger schwer verletzt überlebte, habe sein Simulatortraining für die Fokker wegen fehlender Kapazitäten in Europa in Kuala Lumpur (Malaysia) absolviert, bei seiner Ausbildung und Beförderung habe man keine Unregelmäßigkeiten feststellen können. Heftig kritisiert wurde indessen von Verkehrsminister Henri Grethen die Weigerung der Luxair, dem Transportministerium die Ergebnisse interner Untersuchungen über die Lizensierung und Weiterbildung der Piloten auszuhändigen. Dies liege in der Verantwortung des Verwaltungsratspräsidenten Alain Georges, sagte Heinzmann.

Die Fluggesellschaft werde sich ihrer Verantwortung stellen, sagte Luxair-Generaldirektor Christian Heinzmann. Luxair-Sprecher Marc Gerges sagte, man habe bereits im Frühjahr Konsequenzen aus dem Unglück gezogen und den Qualitätsmanager, den Sicherheitsoffizier und den Chefpiloten abgelöst. Die technische Umrüstung der Propellermaschine, die den Unfall verhindert hätte, sei nur empfohlen, nicht aber vorgeschrieben gewesen, so der Luxair-Chef. Die Piloten hätten aber gewusst, dass sie die Propeller während des Fluges nicht in die nur am Boden zulässige Ruheposition bringen dürfen, sagte Christian Heinzmann. Inzwischen sei das zweite Sicherungssystem Pflicht – und auch bei den Luxair-Maschinen installiert.

Kritisiert wird in dem Report auch die behördliche Aufsicht über die Luxair. Sie habe kein Umfeld für die Erlangung eines hohen Sicherheitsniveaus gewährleistet, heißt es im Kommuniqué der Staatsanwaltschaft. Mangels eigener geeigneter Einrichtungen hatte Luxemburg diese Aufsicht dem renommierten französischen Bureau Veritas übertragen. Sollte es dort zu Nachlässigkeiten gekommen sein, werde man die nötigen Konsequenzen ziehen und den Auftrag neu vergeben, sagte Minister Grethen. Konsequenzen auf den Verkehr der Luxair hat der Bericht nicht. Die Fluggesellschaft bedient weiterhin verschiedene deutsche Flughäfen – Tempelhof wird zweimal täglich angeflogen.

Marc Glesener, Rainer W. During

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