zum Hauptinhalt
Lietzenseepark

© Kitty Kleist-Heinrich

Charlottenburg: Plötzlicher Kahlschlag

Im Lietzenseepark in Charlottenburg sollen 59 Bäume gefällt werden. Die Informationen darüber flossen bisher sehr spärlich. Sehr zum Ärger von Bürgern und Politikern, die jetzt dagegen protestieren.

Zu plötzlich, zu viele, zu undifferenziert - die geplante Fällung von 59 Bäumen im Lietzenseepark provoziert Kritik von allen Seiten. Bereits gestern begann das Grünflächenamt von Charlottenburg-Wilmersdorf mit vorbereitenden Arbeiten. Den Kahlschlag begründet das Amt in einer Pressemitteilung vom vergangenen Donnerstag damit, dass unter den 59 Bäumen 32 seien, bei denen der Stammumfang weniger als einen Meter betrage. Bei ihnen sei keine Bruch- und Standsicherheit zu gewährleisten.

„Hier müssen nicht 59 Bäume auf einmal gefällt werden“, sagt dagegen Antje Solmsdorf von der Baumschutzgemeinschaft Berlin. Ihrer Meinung nach hätte das Grünflächenamt ein paar Bäume im Herbst, ein paar im Frühjahr und wiederum andere erst Jahre später fällen können. Gleichzeitig appelliert sie an den Bezirk, genauer hinzuschauen. „Im Zweifel sollte man sich für den Baum entscheiden. Ich bin damit gut gefahren“, verweist sie auf ihre Erfahrungen, die sie seinerzeit als Leiterin des Grünflächenamtes in Potsdam und in Wedding gemacht hat.

Am Sonntag machte sie sich ein Bild direkt am Ort. Dabei waren auch Franziska Eichstädt-Bohlig, Chefin der Grünen im Abgeordnetenhaus, und die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bezirk, Sibylle Centgraf. „Hier stehen zu fix Bäume zur Disposition“, kritisierte Eichstädt-Bohlig hinterher. Mit Flugblättern machten die Grünen im Park auf die Fällungen aufmerksam. Denn auch die Informationspolitik des Bezirks stößt auf Kritik. „Die Nichtinformation ist sehr ärgerlich“, sagte Eichstädt-Bohlig.

Auch Bezirkspolitiker haben erst spät von den Fällungen erfahren. Die Vorsitzende der Bezirksverordnetenversammlung, Marianne Suhr (SPD), wusste am Montagmorgen noch nichts von den Fällungen. „Mich überrascht, dass so viele Bäume auf einmal gefällt werden“, sagte sie. „Das kommt alles hopplahopp“, sagte der Vorsitzende des Bauausschusses, Kai Lobo (SPD). Er kündigte an, dass der Ausschuss die Fällungen überprüfen werde. Auch der Bund für Umwelt- und Naturschutz Berlin sieht die Pläne skeptisch. „Wir werden da dranbleiben“, sagte Naturschutzreferent Herbert Lohner.

Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler versicherte, dass die Bäume „mit dem gesamten zur Verfügung stehenden Programm untersucht“ worden seien. Morschungen, Pilzbefall und andere Gründe würden Fällungen unvermeidlich machen. „59 von etwa 4 000 Bäumen, das ist nicht zu viel“, sagte er. Er wies darauf hin, dass die Arbeiten in Absprache mit der Initiative „Bürger für den Lietzensee“ geplant wurden. Deren stellvertretende Vorsitzende Gabriele Gaßler vertraut dem Grünflächenamt: „Meiner Meinung nach wissen die Mitarbeiter, was sie tun.“

Nur wenige hundert Meter Luftlinie entfernt bezweifeln das allerdings Anwohner in der Lohmeyerstraße. Dort werden, wie auch in drei weiteren Straßen, die Bäume gekappt. Das Grünflächenamt schneidet die Kronen von Platanen zurück. Bei vier Bäumen ist das schon geschehen, dort ragen nur noch wenige Äste aus dem Stamm. „Uns wurde gesagt, dass die zu dicht stehen. Wie kann das sein, das haben doch professionelle Gärtner gemacht?“, wundert sich Anwohnerin Traude Bührmann. In einer spontanen Aktion forderte sie gestern mit anderen Anwohnern zu Protestanrufen im Bezirksamt auf.

Matthias Jekosch

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false