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Charlottenburg-Wilmersdorf: Abschied von der Laube

In der Kleingartenkolonie Württemberg sollen Wohnhäuser entstehen. Bis zum November haben die Pächter Zeit, die Anlage zu verlassen. Vielen anderen Gärten droht ein ähnliches Schicksal.

Jahrelang wurde um die Zukunft der Kleingartenkolonie Württemberg nahe dem Kurfürstendamm gestritten, doch nun geht alles ganz schnell: Nachdem der Stadtplanungsausschuss Charlottenburg-Wilmersdorf am vergangenen Donnerstag einer Wohnbebauung zugestimmt hatte, verschickte der Liegenschaftsfonds schon am nächsten Tag die Kündigung für alle 48 Parzellen. Spätestens Ende November müssen die Pächter die Anlage räumen. Darüber hinaus kündigte Michael Waiser von der Investorenfirma Capricornus Residence gestern an, mit den Betroffenen über eine vorzeitige Übergabe verhandeln zu wollen.

Das Schicksal der 86 Jahre alten Kolonie ist kein Einzelfall. Seit der Wiedervereinigung sind stadtweit rund 90 Kleingartenanlagen verschwunden, 950 gibt es noch. „80 Prozent sind dauerhaft gesichert“, sagt Sachbearbeiterin Beate Wimmer von der Stadtentwicklungsverwaltung. Dagegen läuft für 21 Standorte mit 2000 Parzellen in zwei Jahren eine Schutzfrist aus. Allein in der City-West geht es um elf Kolonien, zum Beispiel an der Bundesallee und in Eichkamp. Zurzeit prüft die Verwaltung, ob sie langfristig erhalten bleiben sollen. Der Senat entscheidet darüber voraussichtlich in diesem Jahr.

Später kommen weitere 125 Kolonien auf den Prüfstand, für die ein Schutz bis 2014 gilt. Die Fristen beruhen auf dem Kleingartenentwicklungsplan, den der Senat und das Abgeordnetenhaus 2004 beschlossen hatten. Seit dem Mauerfall gebe es genügend Erholungsmöglichkeiten im Umland, hieß es damals. Manche Kolonien stehen öffentlichen Bauvorhaben wie dem Ausbau der Stadtautobahn im Weg; andere sollen über den Liegenschaftsfonds veräußert werden und so Geld in die Landeskasse bringen. Bislang zahlen sie lediglich 35 Cent Pacht pro Monat und Quadratmeter.

Die Grünen wollen möglichst alle Kleingärten retten: „Sie dienen der Naherholung, sind die grüne Lunge der Innenstadt und bieten ein Naturerlebnis für Kinder“, sagt die Fraktionsvorsitzende in Charlottenburg-Wilmersdorf, Sibylle Centgraf. Auch Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU) weist die Verantwortung für die aktuellen Kündigungen von sich: Die Übertragung an den Liegenschaftsfonds sei von der rot-roten Landesregierung beschlossen worden.

Einige Pächter an der Württembergischen Straße geben sich kämpferisch: „Wir werden unsere rechtlichen Möglichkeiten genau prüfen“, sagt der Rechtsanwalt Michael Plassmann, der mit anderen Betroffenen die Initiative „Gärten retten!“ gegründet hat. Er bemängelt vor allem den „Schweinsgalopp“ bei der Bürgerbeteiligung im Planungsverfahren.

Geschäftsführer Michael Waiser von der Capricornus Residence – der mit einer anderen Firma auch das Aussichtsrad am Zoo plant – will die Pächter mit finanziellen Anreizen zur vorzeitigen Übergabe bewegen. Er bietet an, die Entschädigung nach dem Bundeskleingartengesetz in Höhe von mehreren tausend Euro bereits vor dem November zu zahlen und alle Räumungskosten zu übernehmen. Dann könnten Anfang Dezember die ersten „bauvorbereitende Arbeiten“ beginnen. Bis zum Sommer 2010 sollen zehn sechsstöckige Wohnhäuser mit Eigentumswohnungen entstehen.

Näheres im Internet:
www.gaerten-retten.de
www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/stadtgruen/kleingaerten

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