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Mit voller Kraft. Polizisten räumen die Straße nach dem Crash auf.

© Enno Lenze

Chef vom Berlin Story Bunker: Der Helm war sein Schutzengel

Im Mai hatte Wieland Giebel einen schweren Fahrradunfall. Ein junger Mann auf Profilierungsfahrt rammte ihn mit dem Auto. Wie der Verletzte jetzt weitermacht.

„Wenn ich tot gewesen wäre, wäre das ziemlich blöd. Ich habe noch sehr viel vor“, sagt Wieland Giebel und lächelt etwas gequält. Der Chef vom Berlin Story Bunker in der Schöneberger Straße hatte am 18. Mai einen Schutzengel in Form eines Fahrrad-Helms.

Es war ein Sonnabend, Feierabendzeit. Giebel, der Verleger, Historiker, Autor, Fotograf und Lektor in einem ist, radelte durch die Anhalter Straße ins Wochenende und wollte gerade in die Wilhelmstraße einbiegen, als er hinter sich ein Quietschen vernahm. Ein Audi raste schlingernd durch die Straße, Giebel vermutete eine Fluchtfahrt und fragte sich, ob der Fahrer noch die Kontrolle über dieses Geschoss auf vier Rädern hat.

Dann geschah es. Der Wagen mit einem 18-Jährigen am Steuer, der seiner neben ihm sitzenden Freundin imponieren wollte, mähte den Radfahrer förmlich nieder. „Mein Bewusstsein setzte aus, nach drei Stunden erwachte ich in der Charité“, sagt der 69-Jährige. Vom 20. Stock des Bettenhauses hatte er immerhin einen fantastischen Blick über die Stadt.

Heute, wieder im heimatlichen Bett in Kreuzberg, lächelt Wieland Giebel wieder. „Gott oder der Helm haben mich beschützt“, sagt er, „ich bin auf den Granit geflogen – ohne den Helm würde ich nicht hier, sondern auf einem Friedhof liegen.“ Neben Wieland Giebels Bett stehen zwei Krücken, die breite Liege ist umrahmt von Büchern, Manuskripten, Akten und Ordnern. Wieland Giebels linkes geschientes Bein ist von oben bis unten von einer Schnittwunde durchzogen. „Aber die Hardware im Kopf ist okay“, nur ab und zu müsse er eine Denkpause machen, sagt der langsam Genesende.

„Der Ehrliche ist der Dumme“

Er lobt, dass Polizisten innerhalb von drei Minuten, wie Augenzeugen berichten, den Tatort abgesperrt und dafür gesorgt haben, dass in kurzer Zeit auch das Rote Kreuz vor Ort war: „Den Polizisten und Rettungssanitätern kann man nur danken, denn ich erlebe ja oft genug, wie in Kreuzberg Polizisten attackiert werden.“

In seiner Wohnung in Kreuzberg erholt sich Wieland Giebel von dem Zusammenstoß und dem Schock.
In seiner Wohnung in Kreuzberg erholt sich Wieland Giebel von dem Zusammenstoß und dem Schock.

© Thilo Rückeis

Ein ebensolches Lob möchte Wieland Giebel bei dieser Gelegenheit den Ärzten und Pflegern des Unfallkrankenhauses Marzahn und der Charité aussprechen, „die pflegen so gut, dass ich gerne noch eine Woche länger ihre Hilfsbereitschaft genossen hätte“, sagt er.

Die Moral? Was ist zu raten? „Der Ehrliche ist der Dumme“, sagt Wieland Giebel und plädiert für mehr Polizei auf den Straßen. Einen Polizeistaat möchte er zwar auf keinen Fall. „Aber ich möchte als ordentlicher Bürger bitte sehr geschützt werden. Mein ganzes Leben ist auf ein Engagement für das Gute ausgerichtet“, sagt er, „man ist diesen Profilierungsfahrern ausgeliefert, ich hatte keine Chance.“ Solche Menschen müssten aus dem Verkehr gezogen werden, bevor etwas passiert. „Genau wie verrückte Radler, für die der Bürgersteig ein Radweg ist.“

Ein 18-Jähriger, der vor seiner Freundin angeben wollte, hat Wieland Giebels Leben beschädigt. Er ist sich trotz aller Schmerzen des Glücks bewusst, das ihm sein Helm bescherte. Und noch etwas hat er gelernt: „Alle Freunde und auch die Kinder waren zu mir so nett wie lange nicht mehr, das war eine neue Erfahrung.“ Der Arzt nennt das schlicht einen „sekundären Krankheitsgewinn“.

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