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Berlin: Chirac kommt nach Berlin, seine Sprache kommt aus der Mode Französisch wird an den Schulen immer stärker von Spanisch bedrängt – das liegt vor allem am Image

Harte Zeiten für Französischlehrer: Immer weniger Schüler wollen ihre Sprache lernen. Ursache ist die zunehmende Konkurrenz.

Harte Zeiten für Französischlehrer: Immer weniger Schüler wollen ihre Sprache lernen. Ursache ist die zunehmende Konkurrenz. Spanisch gilt unter Jugendlichen als „einfacher und hipper“, das ohnehin übermächtige Englisch als wichtiger. Kein Wunder, dass die französische Botschaft heute den vierzigsten Jahrestag des Elysée-Vertrages und den morgigen Besuch des französischen Präsidenten Jacques Chirac zum Anlass nimmt, um ein „France Mobil“ auf die Reise durch Berlin zu schicken: Es soll Werbung für die Sprache der „Grande Nation“ machen.

Besonders deutlich ist der Siegeszug des Spanischen: Das frühere Orchideenfach wird inzwischen an rund 60 Oberschulen angeboten. Vor allem in den östlichen Bezirken gibt es eine regelrechte Verdrängung: Viele Schulen, die wegen des Schülerschwunds von Schließung bedroht sind, bieten zusätzlich oder sogar statt Französisch das „angesagtere“ Spanisch an. Und ihr Konzept geht auf, wie die steigende Nachfrage zeigt.

Matthias Ruiz Holst, Referendarausbilder für Spanisch in Pankow, erklärt die neue Beliebtheit seiner Sprache auch damit, dass sie – irrtümlich – bei den Schülern als leichter gelte. Außerdem spielten der Tourismus und auch die weltweit größere Verbreitung des Spanischen eine Rolle. Hinzu komme, dass die Lehrer meist jünger seien, da sich das Spanische erst in den vergangenen zehn Jahren an den Schulen durchzusetzen begann. Natürlich seien die Französisch- und Russischlehrer darüber „frustriert“.

„Spanisch ist eine ernst zu nehmende Konkurrenz“, resümiert Thomas John, Sprecher von Bildungssenator Klaus Böger (SPD). Böger hat die Schirmherrschaft für das „France Mobil“ inne, das in den kommenden Monaten auf Schulhöfen mit Spielen, Videos, Büchern, Wettbewerben und besonderen Unterrichtsstunden die französische Sprache „unters Volk“ bringen soll.

Allerdings hat auch Böger seinen Teil dazu beigetragen, das Französische zu schwächen: Seit in Berlin bereits ab Klasse 3 statt in Klasse 5 mit einer Fremdsprache begonnen werden muss, hat sich der Anteil der Schüler, die das Fach als erste Fremdsprache lernen wollen, halbiert. Der Grund: Früher kam bereits nach zwei Jahren, also in Klasse 7, die zweite Fremdsprache – meist das Englische – hinzu. Das war für Eltern hinnehmbar. Jetzt aber vergehen vier Jahre, denn es bleibt dabei, dass die zweite Sprache erst in Klasse 7 beginnt. Damit wächst die Kluft zwischen erster und zweiter Fremdsprache enorm.

Die Nachfrage nach dem Frühbeginn mit Französisch ist inzwischen so gering, dass in Pankow und Treptow-Köpenick überhaupt keine Grundschule mehr Französisch anbieten will. In der Folge bleiben die Oberschulen ohne Nachwuchs, die bisher Französisch als erste Fremdsprache fortführen.

Die Französischlehrer versuchen nun gegenzusteuern. „Wir müssen herumwirbeln, um Schüler zu interessieren“, verkündet Beate Offrich von der Georg-von-Giesche-Realschule in Schöneberg. Dazu gehört die „Soirée francaise“, die im März zum vierten Mal vielerorts läuft. Vor allem aber sei der Schüleraustausch wichtig, „damit die als vermottet geltende Sprache ein jugendliches Image bekommt und damit die deutschen Schüler merken, dass auch französische Jugendliche vor dem Computer sitzen“.

„Austausch“ ist leichter gesagt als getan. Die Französische Botschaft wies darauf hin, dass es kaum französische Schulen gibt, die Interesse an Partnerschaften haben, da sie aus den vergangenen Jahrzehnten genug (west)deutsche Partnerschulen haben. Somit gehen die Ost-Schulen, die bisher kaum Kontakte zu Frankreich haben, leer aus.

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