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Berlin: Chorleiter verging sich an Schüler Vorbestrafter Musikpädagoge legte vor Gericht Teilgeständnis ab

„Ich bin schuldig geworden“, sagte der angeklagte Gesangslehrer am Montag vor Gericht und faltete seine schmalen, blassen Hände. „Ich bitte um Verzeihung.

„Ich bin schuldig geworden“, sagte der angeklagte Gesangslehrer am Montag vor Gericht und faltete seine schmalen, blassen Hände. „Ich bitte um Verzeihung. Ein missbrauchter Junge ist einer zu viel.“

So ähnlich hörten das schon einmal Richter aus dem Mund von Wilfried S. Schon einmal saß der frühere Vizebürgermeister und Leiter des Knabenchores von Anklam in Mecklenburg-Vorpommern vor Gericht, weil er einen Sängerknaben missbraucht hatte. Er lebte nach der Verurteilung zu 22 Monaten Haft auf Bewährung in Berlin. Er wollte verhindern, „dass mir so etwas noch einmal passiert“. Umsonst – der inzwischen 60-Jährige verging sich erneut an einem Schüler.

Es geht seit gestern vor dem Landgericht um Stefan. Immer sonntags hatte er bei dem Angeklagten S. in dessen Friedrichshainer Wohnung Klavierunterricht. Die Eltern des Schülers vertrauten dem Lehrer. Er leitete einen Chor in Weißensee, in dem auch sie sangen. Als Stefan 13 war, begannen die sexuellen Übergriffe. Die Anklage geht von 76 Fällen in den Jahren 2000 und 2001 aus, von denen S. zum Teil Videoaufnahmen gefertigt haben soll. Der Chorleiter schüttelte den Kopf: „Es ist zu weitaus weniger Kontakten gekommen.“ Er schlug ein Bein über das andere und rechtfertigte sich: „Ich habe eben diese Neigung, Jungen in dem Alter schön und stimulierend zu finden.“ Der Chorleiter sagte, er habe Stefan stets „überredet, nie mit Gewalt gezwungen“. Es habe „quasi keinen Widerstand“ gegeben. Er habe für Stefan so etwas wie ein väterlicher Freund sein wollen, habe den intelligenten und musikalischen Jungen sogar geliebt.

Stefan wusste am Anfang nicht, wie er auf das Begehren seines Klavierlehrers reagieren sollte. Später schwieg er aus Scham. Erst im Sommer 2002 ging der Gymnasiast mit seinen Eltern zur Polizei. Nach der Anzeige durchsuchte die Polizei die Wohnung des Chorleiters. Die Beamten fanden auch Magazine mit Kinderpornografie. Seit Juli letzten Jahres sitzt der Gesangslehrer in Untersuchungshaft. Der Prozess wird am Montag fortgesetzt.

Kerstin Gehrke

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