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Berlin: Chronisch unter Druck

Der Grüne Star nimmt auf schleichendem Weg das Augenlicht. Deshalb ist Früherkennung so wichtig

Was ist der Grüne Star und wie entsteht diese Augenkrankheit?

Eine Million Menschen in Deutschland leiden an einer Augenkrankheit, die meist durch zu hohen Augeninnendruck verursacht wird. Der Grüne Star, auch Glaukom genannt, ist eine Schädigung des Sehnervs, die durch mangelnde Durchblutung und die erhöhte Druckbelastung verursacht wird. Die ungesund hohe Belastung entsteht, weil das kontinuierlich im Auge gebildete Augenwasser nicht mehr ungehindert abfließen kann. Diese Flüssigkeit, die unter anderem die Hornhaut mit Nährstoffen versorgt, wird in der hinteren Augenkammer gebildet und normalerweise über die vordere Augenkammer wieder abtransportiert (siehe Grafik auf der Seite gegenüber). Doch ist dieser Ablauf behindert, steigt der Augeninnendruck an.

Mit welchen Symptomen macht sich der Grüne Star bemerkbar?

Das tückische am Grünen Star ist, dass er lange unbemerkt verläuft. Er tut nicht weh und auch die Sehkraft verschlechtert sich durch die fortschreitende Schädigung des Sehnervs nur schleichend. „Das kann sich über Monate oder Jahre hinziehen“, sagt Duy-Thoai Pham, Chefarzt der Abteilung für Augenheilkunde am Vivantes-Klinikum Neukölln. „Im Gegensatz zum Grauen Star, bei dem die getrübte Linse ausgetauscht und so die Sehkraft wiederhergestellt werden kann, ist der Schaden vom Grünen Star nicht rückgängig zu machen.“ Wird die Erkrankung nicht behandelt, kann sie bis zur Erblindung führen.

Sind regelmäßige Untersuchungen zur Früherkennung sinnvoll?

Wie viele andere Mediziner rät auch der Neuköllner Chefarzt Pham angesichts des lange unbemerkt bleibenden Krankheitsverlaufes zu einer regelmäßige Vorsorgeuntersuchung. „Ab dem 45. Lebensjahr, besonders dann, wenn man eine Lesebrille benötigt, ist eine jährliche Kontrolle sinnvoll.“ Auch wenn viele Augenärzte diese Augendruckmessung als Selbstzahlerleistung abrechnen und dafür um die 20 Euro kassieren. Mit den modernen Untersuchungsmethoden lassen sich die Schäden des Sehnervs sehr exakt diagnostizieren und überwachen, sagt Pham. „Eine Behandlung ist nur dann nötig, wenn sich die Befunde verschlechtern.“

Wie kann die Krankheit behandelt werden?

Steigt der Innendruck auf ein für den Sehnerv gefährliches Niveau, dann ist das Therapieziel, diesen Druck abzusenken. Das geht zunächst einmal mit Medikamenten, die den Kammerwasserabfluss verbessern. Die Mittel – meist sind das Augentropfen – müssen ein Leben lang täglich angewendet werden, um den Augendruck auf Normalmaß zu halten. Die Arzneien erhöhen entweder den Abfluss des Wassers oder vermindern dessen Produktion. Doch das ist nur ein Etappensieg. „Der Grüne Star ist eine chronische Krankheit“, sagt Pham – und die Medikamentenwirkung begrenzt. Denn nach einer Weile gewöhnt sich der Körper an die Arzneien, so dass diese nicht mehr wirken. Dann müssen die Mittel gewechselt werden. Ein anderes Problem sind manche Patienten selbst. Nämlich dann, wenn sie vergessen, die Medikamente zu nehmen, oder sie sie einfach absetzen. „Es ist schwierig, die Erkrankten zur Therapietreue zu bringen, weil sie es zunächst gar nicht merken, dass sich die Situation ohne die Arzneien verschlechtert“, sagt Pham. Und wenn sie es bemerken, ist es oft schon zu spät. „Jeder zweite Patient hält sich nicht an die Therapieregeln. Das ist auch ein soziales Problem.“

Wann muss das Auge operiert werden?

Wenn alle medikamentösen Alternativen durchprobiert wurden oder aber die Behandlung von Anfang an nicht anschlägt, dann muss das Glaukom operativ behandelt werden. Dabei versucht der Operateur, die natürlichen Abflusskanäle für das Augenwasser zu reaktivieren, den Augendruck durch einen neuen Abfluss zu senken oder, wenn dieser wieder vernarbt ist, erneut zu öffnen. Die Patienten müssen sich deshalb regelmäßig nachuntersuchen lassen.

Das gilt auch für die Anwendung eines Lasers. Dieser kann kleine Öffnungen bei den natürlichen Augenwasserabflüssen erzeugen und so den Augendruck senken. Doch in der Regel ist dieser Effekt nach fünf Jahren wieder verpufft.

Verläuft die Krankheit immer schleichend?

Nicht immer bleibt der Grüne Star lange unbemerkt. „Bei rund fünf Prozent der Patienten kommt es plötzlich zu einem akuten Anfall“, sagt Pham. Menschen mit kleinen Augen und Weitsichtigkeit haben sehr enge Abflusskanäle für das Augenwasser und sind deshalb besonders gefährdet. Das Alter spielt hier eine Rolle, denn in reiferen Jahren wird die Augenlinse dicker. Das erhöht das Risiko, dass die direkt dahinter liegenden Abflusskanäle abgedrückt werden.

Bei einem akuten Glaukomanfall sind die Kanälchen plötzlich verschlossen. Der Augendruck steigt dramatisch an und löst Schmerzen aus, die sich zu einer Migräne-ähnlichen Attacke auswachsen können, verbunden mit Übelkeit und Erbrechen. „Das ist ein medizinischer Notfall, der sofort behandelt werden muss“, sagt Chefarzt Pham. Zunächst werden dann drucksenkende Arzneien verabreicht und anschließend die Abflussblockade operativ geöffnet.

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