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Berlin: Club der Gratis-Schläfer

Nur für Mitglieder: Eine Internetseite bietet kostenlose Übernachtungsmöglichkeiten an

Eigentlich grenzt es an ein Wunder, dass in Michael Habermanns Wohnung noch nichts fehlt. Mehr als 100 wildfremde Menschen hat er bereits bei sich zu Hause in Treptow beherbergt, aber bis jetzt ist noch nichts weggekommen – im Gegenteil: Sein Besitz nimmt eher noch zu. Denn viele seiner Gäste vergessen sogar etwas. Vielleicht lassen sie auch freiwillig etwas zurück, denn die Übernachtung kostet kein Geld. Der 33-jährige Treptower gehört dem Hospitality Club an, dessen Mitglieder überall in der Welt gratis logieren können. Mittlerweile zählt er etwa 250 000 Mitglieder, davon fast 50 000 aus Deutschland und circa 6000 in Berlin und Brandenburg.

Das Prinzip ist relativ einfach. Für die Clubmitglieder gibt es eine Internetseite, auf der sich jeder Teilnehmer registrieren muss. In einem Formular gibt er Name, Adresse und Ausweisnummer an, aber auch Hobbys, Sprachkenntnisse und bevorzugte Reiseziele. Erst dann kann er in dem zugangsgeschützten Bereich der Seite mit anderen Hospitality-Mitgliedern in Kontakt treten – und eine Übernachtung anfragen. Die Absicherung vor womöglich dubiosen Mitmenschen erfolgt nach dem Ebay-Prinzip der gegenseitigen Bewertung. Allerdings: Ein Risiko bleibt – siehe Ebay.

„Wenn ich verreise“, sagt Michael Habermann, „dann suche ich mir anhand der Profile eine Person heraus, die zu mir passt, also eventuell gleiche Interessen hat. So finde ich auch garantiert einen Gastgeber, mit dem ich mich gut verstehe.“ Dadurch seien auch viele Freundschaften entstanden.

Gegründet wurde der Club vor sechseinhalb Jahren von Veit Kühne, einem Studenten aus dem sächsischen Radebeul. „Sinn des Clubs ist es, dass Menschen andere Leute einfach so bei sich wohnen lassen, um die andere Kultur kennenzulernen und so von einem Gast mehr zu bekommen, als man eigentlich gibt“, sagt der 28-Jährige. Kühne selbst besuchte schon fast 70 Länder, trampte ein Jahr lang durch Lateinamerika und übernachtete bei unzähligen fremden Menschen – alles ging gut. Momentan lebt er von den Ersparnissen und den Einnahmen durch die Werbung auf der Internetseite, reist durch die Welt und lernt immer wieder neue Gegenden kennen. t

Der Hospitality-Club will aber mehr sein als ein kostenloser Herbergsservice. „Es geht darum, von den fremden Kulturen zu lernen. Die Gäste können auch im Haushalt mithelfen, sie werden also voll integriert“, sagt Habermann. Wer nicht die Möglichkeit hat, jemanden bei sich zu beherbergen, kann sich als Stadtführer beweisen, als Gastgeber eines Abendessens oder einfach nur Freundschaften über den Club knüpfen, indem er an Gleichgesinnte schreibt. Gründer Veit Kühne hat indes ein weiteres Ziel: Er will eine Million Menschen finden, die dem Hospitality Club beitreten. Seine Aktivitäten sprechen sich offenbar herum: Selbst aus der Antarktis gibt es erste Anmeldungen.

Mehr Informationen unter

www.hospitalityclub.org. www.couchsurfing.com, www.place2stay.net

Karsten Breitig

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