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Florian Stöhr ist 1. Vorsitzender des Bundesverbandes Community Management e.V. (BVCM).

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Community-Management in Berlin (2): "Man braucht ein sehr dickes Fell"

Am 26. und 27. Oktober treffen sich Community- und Social Media Manager aus ganz Deutschland zum mittlerweile sechsten Mal zum Community Camp in Berlin. Florian Stöhr, Vorsitzender des Bundesverbandes für Community Management, über Social-Media-Hypes, Berufsbilder und Zukunftsvisionen.

Florian Stöhr ist 1. Vorsitzender des Bundesverbandes Community Management e.V. (BVCM). Der BVCM verfolgt den Zweck, das Thema Community und Social Media Management und die Berufsgruppe der Online Community und Social Media Manager sowie deren Interessen wirkungsvoll in der Öffentlichkeit zu vertreten. Der BVCM hat es sich dabei zum Ziel gesetzt, das Berufsbild „Community bzw. Social Media Manager“ weiter zu professionalisieren und eine entsprechende Wahrnehmung in der Wirtschaft für den Berufszweig zu schaffen.

Herr Stöhr, Sie leiten den BVCM, den Bundesverband der Community-Manager, der 2008 gegründet wurde. Wofür setzen Sie und Ihre Mitstreiter sich ein?

Der BVCM wurde aus der Überlegung heraus gegründet, dass sich mit dem Community-Management eine ganz neue Disziplin gebildet hat.Wir wollen diesem neu gebildeten Berufsstand eine Vertretung nach außen zu geben und das Berufsbild des Community-Managers festigen. Grundsätzlich geht es aber auch vor allem darum, den Austausch untereinander zu fördern. Wir sind gerade noch in der privilegierten Situation, dass es innerhalb dieses Berufstandes noch keinen großen Konkurrenzgedanken gibt.

Was waren so die größten Errungenschaften und Maßnahmen der letzten Jahre?

Gerade als es vor einiger Zeit einen Social-Media-Hype gab, waren viele „alte Hasen“ in dem Beruf von den Stellenausschreibungen sehr genervt. Als dann Hotelketten Social Media Manager oder Community Manager gesucht haben, die gleichzeitig Nachtportiers sein sollten, haben wir angefangen ein "Skillset" zu definieren und uns zu fragen: Was muss ein Community Manager überhaupt können? Welche Kategorien gibt es überhaupt? Und was für Berufsbilder entstehen daraus?

Gibt es da von offizieller Stelle, zum Beispiel vom Arbeitsamt, Unterstützung oder Anerkennung?

Das Arbeitsamt hat selbst vor einigen Jahren eine Berufsbeschreibung des Community Managers heraus gegeben, die etwas krude war. Auf unsere Nachfrage stellte sich dann heraus, dass sie diese aus dem „Internet“ hatten. Solche Dinge wollten wir verändern.

Was ist denn das Skillset, das benötigt wird? Was muss ein Community-Manager können?

Da gibt es die unterschiedlichsten Faktoren. Im Kern geht es darum, dass man empathisch ist und dass man Spaß daran hat, mit Leuten im Internet zu kommunizieren. Der Job des Community-Managers hat aber auch unglaublich viel mit Erfahrung zu tun. Es gibt jetzt schon einzelne Studiengänge und Ausbildungen, die vernünftig sind, bei denen man das Handwerk lernt, aber essentiell sind Erfahrungen und Empathie – in einem schwierigen Umfeld.

Wird Empathie durch die virtuelle Kommunikation nicht extrem erschwert?

Im persönlichen Gespräch merkt man, wenn man ein empathischer Mensch ist, sofort, wie der Gesprächspartner drauf ist. Dann formuliert man seine Aussagen selbstverständlich so, dass sie im Dialog mit dieser Person funktionieren. Das ist im Internet und vor allem in Communites etwas völlig anderes. Man muss zwischen den Zeilen lesen können und sich in die Person hineinversetzen können. Das kann extrem schwierig sein. Dafür braucht man wahnsinnig viel Erfahrung. Deshalb wird es auch in Zukunft in diesem Berufsstand immer um "Learning by Doing" gehen.

Im Prinzip, gerade, wenn man klassisch Community Manager in einem Forum ist, ist man ein bisschen so wie ein Herbergsvater. Man hat eine Jugendherberge, die man aufbauen muss. Man dekoriert sie und baut das Interieur so, dass es den Leuten dort gefällt. Man sorgt aber auch im Alltag für Nachtruhe und Ordnung. Sitz aber auch abends mit der Gitarre am Lagerfeuer, damit die Leute gemeinsam interagieren und sich verstehen.

Und keine Urlaubsgruppe gleicht der anderen?

Das ist ein sehr breit gefächerter Job, der auch sehr davon abhängt: Was machst du? Wo arbeitest du? Was hast du für eine Community? Das ist ein sehr breit gefächertes Aufgabenspektrum. Was selbstverständlich damit zu tun hat, dass immer noch nicht final geklärt ist, was ein Community-Manager eigentlich macht. Das versuchen wir gerade zu definieren.

Wenn du bei einem Verlag die Community der Bibliothekare betreust, ist das was ganz anderes als ob du bei Knuddels die Kindercommunity vor Phädophilen schützen musst.

Das ist ein hochemotionaler Akt

Jede Community ist anders und braucht eine individuell auf sie zugeschnittene Betreuung. Was ist aber generell die größte Herausforderung?

Die größte Herausforderung ist es wohl den Lebenszyklus einer Community so lang wie möglich zu bauen. StudiVZ und Localisten hatten beispielsweise kürzere Lebenszyklen.

Und wie verlängert man den Lebenszyklus seiner Community?

Indem man der Community das Gefühl gibst, dass das Forum ein stückweit ihr zuhause ist. Als Betreiber muss man, zum Beispiel beim Relaunch, also quasi der Renovierung, darauf achten die Nutzer richtig einzubinden. Man muss den Leuten also in gewisser Weise eine Heimat geben, ihnen Respekt entgegen bringen und die eigentliche Herausforderung ist, dass man dies jeden Tag neu machen muss. Wir haben das bei einer kleinen lokalen Community mal nicht beachtet. Am Ende des Tages haben sich die Leute nicht mehr wohl gefühlt. Und auch gefragt: „Was fällt euch eigentlich ein?“

Muss ein Community-Manager besonders kritikfähig sein?

Man braucht ein sehr dickes Fell. Man ist immer auch eine Zielscheibe. Das ist alles ein hochemotionaler Akt, wenn du zum Beispiel jemanden sperrst, dann kannst du dir da schon mal eine Beleidigung einfangen.

 

Sie sind bereits einige Jahre in diesem Bereich tätig. Was hat sich in den letzten Jahren am meisten verändert?

Heute gibt es in den meisten internationalen Märkten einen Marktführer. Wo früher einzelne Communities über allgemeine Themen diskutierten geht heute vieles zu Facebook. Was natürlich auch eine Herausforderung ist, weil du als Community-Manager deine Plattform nicht mehr richtig gestalten kannst. Das heißt, du kannst nicht mehr selbst einzelne Funktionen einfügen, sondern bist von einem externen Partner, also Facebook, abhängig und musst schauen, dass du mit diesen zur Verfügung gestellten Funktionen deine Facebook-Page richtig betreust. Viele Community-Manager sind also aus der Architektenrolle herausgewachsen und herein gewachsen in die Betreuerrolle, sind gleichzeitig dafür zuständig zu diskutierende Inhalte in die Community zu tragen. Das ist eine große Veränderung. Selbstverständlich gibt es immer noch Spezial-Interest-Communities, weil die Zielgruppe bei Facebook einfach zu allgemein ist. Aber alles, was an neuen Nutzern hinzukommt, wächst eher in Facebook hinein, die kennen die ganzen Special Interest Foren gar nicht mehr.

Gibt es eine Zukunftsvision?

Dieses Berufsbild wird sich immer weiter verändern. Ich bin der großen Hoffnung, dass bald der Social Media Hype weg ist und das Internet endlich wieder Internet heißen darf und nicht jeder sagt: er kann das. Ich bin auch der Überzeugung, dass sich dieses Profil immer weiter professionalisieren wird. Was aber auch zu ständig neuen Anpassungen führen wird: Die ganze Veränderung im Internet schreitet so schnell voran. Es wird immer Communities geben, aber die Anforderungen an diese entwickeln sich ebenso schnell weiter. Man weiß nie, was morgen kommt. Und deshalb wird es immer einer der geilsten Jobs auf der Welt bleiben, die es gibt.

Am 26. und 27. Oktober 2013 treffen sich Community- und Social Media Manager aus ganz Deutschland zum mittlerweile sechsten Mal in der Cimdata Medienakademie Berlin zum CommunityCamp (#ccb13), einem Themencamp der beliebten Barcampreihe. Initiatoren und Teilnehmer freuen sich auf zwei intensive Tage des Wissensaustausches und Networking rund um die Fragestellungen, wie veränderte Möglichkeiten der Kommunikation und des Dialogs, unser soziales, politisches und wirtschaftliches Miteinander verändern.

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