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Nicht mehr der einzelne Concierge erfüllt Wünsche sondern auch das Unternehmen von Raffaele Sorrentino.

© dpa/picture-alliance

Concierge 3.0: Der Wunscherfüller der Moderne

Zehn Jahre lang war Raffaele Sorrentino Concierge im Adlon – nun hat er eine moderne Variante gefunden, Kunden jeden Wunsch zu erfüllen.

Beinahe wäre Raffaele Sorrentino Schneider geworden. Schon im Alter von acht Jahren half er zusammen mit drei Brüdern in der Schneiderwerkstatt seines Vaters in Neapel mit. Am Ende ist er ein Wunscherfüller modernster Art geworden. Mehr als zehn Jahre lang, von 1998 bis 2009, war er Concierge im Adlon. Heute ist er Chef von 100 Mitarbeitern des Berliner Concierge- und Doorman-Unternehmens RAS. Gerade hat er sich zusammengeschlossen mit einem internationalen Unternehmen namens John Paul, das „Concierge und Lifestyle Service“ anbietet. „Loyality Management 3.0“ heißt das Programm, bei dem es darum geht, die Bindung großer Unternehmen zu ihren Kunden zu vertiefen, indem denen ganz persönliche Wünsche erfüllt werden. Liest ein Concierge die Wünsche den Gästen schon mal von den Augen ab, helfen beim Loyality Management moderne Technologien wie Apps.

Mit der Verbreitung der billigeren Konfektionskleidung kam damals das Aus für die Werkstatt des Vaters. Zufällig traf Sorrentino einen Cousin, der in der luxuriösen Villa d’Este am Comer See arbeitete. Dort fing er als Hotelpage an. Der Direktor versprach nichts weniger als „die schlimmsten drei Jahre deines Lebens“. Die Dienste wurden immer so eingeteilt, dass er nebenbei das Abitur machen konnte. Von da an ging es freilich steil bergauf. Unter anderem arbeitete er im Ritz in Barcelona und im Mandarin Oriental in München. Dort warb ihn der frühere Adlon-Chef Gianni van Daalen ab. In Berlin verfeinerte er seine Netzwerke, um für alle möglichen und unmöglichen Anfragen gewappnet zu sein.

Einmal rief eine Amerikanerin an, deren Tochter im Adlon gebucht war, aber nach der Landung in Amsterdam nicht durch die Kontrolle kam, weil sie ihren Pass verloren hatte. Gegen eine hohe Kaution durfte sie schließlich im Konsulat einen Ersatzpass abholen. Das kostete Sorrentino viele schweißtreibende Anrufe. Auch der Scheich war anstrengend, der ein wunderschönes Auto gekauft hatte und dann in der Tiefgarage des Hotels das gleiche Modell entdeckte, aber tiefer gelegt und mit interessanteren Reifen. Das wollte er auch haben, unbedingt. Und er bekam es auch in kürzester Zeit, obwohl der Wagen zum Tunen erst nach München musste. Sorrentino veranlasste das. Eine der Spezialitäten des bekennenden Liebhabers klassischer Musik war es, Opern- und Konzertkarten aufzutreiben für Aufführungen, die lange schon ausgebucht waren. „Man muss nicht mal den Chef kennen“, sagt er. Die Geheimnisse eines Concierges will er freilich nicht verraten.

Kunden wie Citroen oder Visa geben ihren Kunden nun auch dann eine Conciergekarte, wenn sie gar nicht im Hotel wohnen. Die soll helfen, auch scheinbar unerfüllbare Wünsche Wirklichkeit werden zu lassen. Ein Anruf, und der Tisch im eigentlich ausgebuchten Restaurant wartet frisch gedeckt. Berlins Sternerestaurants hat Sorrentino sowieso alle ausprobiert. Wenn etwas Neues auftaucht, ist ein Besuch dort Pflicht. Er selbst fühlt sich am wohlsten in einem Restaurant mit bodenständiger neapolitanischer Küche. „Man muss sich in den Kunden hineinversetzen können“, sagt er. „Was mir gefällt, muss anderen ja nicht auch gefallen.“ Wie oft ist er als Concierge im Adlon gefragt worden, wo das Brandenburger Tor ist. „Es gibt keine dummen Fragen“, sagte er seinen Leuten und wies sie an, aus der Beantwortung ein Erlebnis zu machen. Die nahmen die Gäste dann mit vor die Tür und erzählten lebendig von der Zeit, als die Mauer noch stand.

Oft hat er in seiner Adlon-Zeit geholfen, ungewöhnliche Wünsche zu erfüllen. Nur seine Schneiderkünste sind nie abgefragt worden.

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